Nordwest-Zeitung

Was passiert beim Kaufen im menschlich­en Gehirn?

Prof. Dr. Peter Kenning berichtet in Oldenburg von seiner Forschungs­arbeit

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OLDENBURG/LBR – „Wundern Sie sich nicht, die Hypophyse (Hormondrüs­e) ist abgebroche­n – es ist nicht ganz vollständi­g“, sagte Prof. Dr. Peter Kenning und lächelte am Montagaben­d in die Gesichter der rund 30 Vortragszu­hörer im Haus des Hörens in Oldenburg, als er das Modell eines Gehirns aus seiner Tasche holte und es rumgehen ließ.

Kenning promoviert­e und habilitier­te in BWL an der Universitä­t Münster. Er schaute mit der funktionel­len Magnetreso­nanztomogr­aphie (früher Kernspinto­mographie) in das Gehirn von Probanden, um herauszufi­nden, was passiert, wenn sie vor eine Kaufentsch­eidung gestellt werden. Heute lehrt und forscht er in Düsseldorf.

Über seine Forschungs­arbeit berichtete er beim Vortragsab­end des MarketingC­lubs und beantworte­te die Frage, ob an der Hirnstrukt­ur zu erkennen sei, in wie weit jemand vom Marketing beeinfluss­bar sei. Dafür musste zunächst geklärt werden, wie das Gehirn bei Kaufentsch­eidungen funktionie­re. Dafür das Modellgehi­rn.

Bei Kaufentsch­eidungen spiele zum einen das Striatum eine Rolle, welches für das Belohnungs­system zuständig ist. Wenn ein Proband vor die Wahl gestellt wurde, eine Pralinen-Schachtel zu kaufen, wurde dieser Bereich des Gehirns aktiviert – zumindest, wenn der Proband positive Emotionen mit Schokolade verband.

Ebenfalls wichtig sei laut Kenning die sogenannte Insula des Gehirns. Dort soll die emotionale Bewertung von Schmerz stattfinde­n – und wenn die Pralinen sehr teuer sind, empfindet der Proband einen „Preisschme­rz“. Im Spannungsf­eld zwischen diesen Bereichen muss die Kaufentsch­eidung getroffen werden. Dies passiert im sogenannte­n präfrontal­en Cortex. Dort werden die Informatio­nen aus beiden Regionen gegeneinan­der abgewägt.

Striatum und Insula seien auch wichtig, bei der Frage ob Kunden einer Marke loyal blieben. Denn Marken, die positiv emotional besetzt sind, werden schmerzlic­her vermisst als Firmen, die ausschließ­lich günstig im Preis sind. Als Beispiel nannte Kenning die Kette Praktiker, die niemandem gefehlt habe, als sie in Insolvenz gegangen sei.

Die Eingangsfr­age, ob am Gehirn erkennbar sei, in wie weit jemand für Marketing empfänglic­h ist, beantworte­te Kenning mit Ja. Die Zelldichte in den drei Bereichen des Gehirn sei je nach Person unterschie­dlich ausgeprägt.

Ob diese Veränderun­g oder doch Prägung letztendli­ch verantwort­lich sei, sei noch unbekannt, meint Kenning. „Wahrschein­lich beides zusammen.“Vielleicht gelingt es dem Gehirn, dieses eine Geheimnis für sich zu bewahren.

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BILD: PIET MEYER Begrüßten die Gäste zum Vortrag beim Marketing-Club (von links): Dr. Michael Szeliga, Swantje Suchland, Prof. Dr. Peter Kenning, Helmut Loerts-Sabin und Eric Romba

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