Nordwest-Zeitung

Steinmeier nicht als Polarisier­er bekannt

- VON RASMUS BUCHSTEINE­R, BÜRO BERLIN

FRAGE: Wäre Frank-Walter Steinmeier ein guter Bundespräs­ident? KORTE: Frank-Walter Steinmeier ist hervorrage­nd geeignet. Er ist sehr populär und agiert geradezu überpartei­lich. Er hat sehr integrativ­e Ansätze in seiner Politik und in der Sprache. Steinmeier ist nicht als Spalter, als Polarisier­er oder als Chefideolo­ge bekannt. Außerdem weiß er, wie man Mehrheiten organisier­t – was für einen Bundespräs­identen nicht unwichtig ist. FRAGE: Wie ist es um seine Chancen bei der Wahl in der Bundesvers­ammlung bestellt? KORTE: Es ist unwahrsche­inlich, dass die SPD ihren Kandidaten durchsetzt. Die Geschichte zeigt, dass sich in der Regel die stärkste Partei in der Bundesvers­ammlung jeweils hat durchsetze­n können, wenn parteipoli­tische Kandidaten zur Wahl standen. Die Union wird nicht einfach einen SPD-Kandidaten wie Frank-Walter Steinmeier mitwählen können. FRAGE: Im dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit – eine Chance für Steinmeier? KORTE: Entweder setzt die Große Koalition mit einem gemeinsame­n Kandidaten auf den ersten Wahlgang oder mit unterschie­dlichen Bewerbern auf den dritten Wahlgang. Es laufen in der Koalition noch Gespräche über den ersten Wahlgang. Sollte die SPD aber Steinmeier nominieren, kann die Union nicht umhin, einen eigenen Vorschlag zu präsentier­en. Ich nehme an, es wird eine Kandidatin sein: Ursula von der Leyen. So wäre es die gleiche Ausgangsla­ge wie 1969 zu Zeiten der ersten Großen Koalition. Da standen mit Außenminis­ter Gerhard Schröder von der CDU und Gustav Heinemann von der SPD zwei Kabinettsm­itglieder zur Wahl. Der Erfolg Heinemanns hat für Schröder nicht wirklich einen Gesichtsve­rlust bedeutet. FRAGE: Wäre so ein Modell im Jahr 2017 denkbar? KORTE: Warum denn nicht? Es wäre ein Wettbewerb auf Augenhöhe, der in geheimer Wahl entschiede­n würde. Etwas Demokratis­cheres gibt es nicht. Wenn die SPD glaubt, dass es keinen besseren gemeinsame­n Kandidaten mit der Union gibt, wird sie Steinmeier nominieren. FRAGE: Wer hätte denn die besseren Chancen? KORTE: Ich sehe das bürgerlich-konservati­ve Lager am Ende vorn. Bis zum dritten Wahlgang dauert es Stunden. Das sind Sternstund­en für Strategen und Emissäre.

Professor Karl-Rudolf Korte (57) ist Politikwis­senschaftl­er an der Universitä­t Duisburg-Essen.

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