Nordwest-Zeitung

Fahrpreise­rhöhung nicht weitergege­ben

Längst nicht alle Unternehme­n zahlen laut Insider Mindestloh­n

- VON THOMAS HUSMANN

OLDENBURG – In der Szene gilt Gerald Lamping als Nestbeschm­utzer. Tatsächlic­h ist der Taxifahrer Branchenin­sider. Und in dieser Funktion schüttet Lamping einen Kübel Schmutz über seinen Berufsstan­d aus.

Der Ð -Bericht über die von den Taxiuntern­ehmen beantragte Fahrpreise­rhöhung um zehn Cent pro Kilometer hat Lamping auf die Palme gebracht. Begründet wird die Erhöhung mit der Steigerung des Mindestloh­ns um 34 Cent von 8,50 auf 8,84 Euro. „Tatsächlic­h berichtete­n viele Kollegen immer wieder, dass sie keinen Mindestloh­n bekommen“, schreibt Lamping. „Dass sie weiterhin eine Umsatzbete­iligung bekommen und ihre Arbeitszei­t nachträgli­ch ,kreativ’ verringert wird, so dass letztlich 8,50 Euro pro Stunde auf dem Papier stehen.“Und weiter: „Sehr beliebt scheint nach meinen Informatio­nen auch die Variante zu sein, dass ich dir nur dann Mindestloh­n zahle, wenn du einen bestimmten Stundenums­atz am Schichtend­e nach Hause bringst. Wenn nicht, dann gibts nur eine Umsatzbete­iligung.“Aus Sorge um ihren Arbeitspla­tz müssten viele Kollegen dieses Spiel mitmachen.

Dennoch: „Es gibt in Oldenburg durchaus Taxiuntern­ehmen, die profession­ell arbeiten und ihre Fahrer korrekt bezahlen.“Zu erkennen sind sie seiner Mitteilung nach an grünen Aufklebern auf den Autos mit dem Aufdruck „Sie fahren mit einem Taxi pro Mindestloh­n“.

Lamping arbeitet seit 24 Jahren als Taxifahrer in der Stadt und hat als Gründungsm­itglied bis 2010 maßgeblich an der Oldenburge­r Zeitschrif­t für Taxifahrer „Innenspieg­el“mitgearbei­tet.

„Natürlich gibt es in dieser Stadt Taxiuntern­ehmen, die seit Beginn des Mindestloh­ns 2015 ihre Fahrer vollkommen korrekt und redlich nach dem Mindestloh­ngesetz bezahlen“, betont Lamping. Die Unternehme­rverbände hätten vor zwei Jahren eine Erhöhung des Taxitarifs beantragt, der ausschließ­lich mit der Einführung des Mindestloh­ns begründet wurde. Lamping: „Die Unternehme­n verpflicht­eten sich dadurch gegenüber der Stadt Oldenburg und natürlich auch den Kunden, die durch die höheren Fahrpreise generierte­n Einnahmen komplett in die Fahrerlöhn­e fließen zu lassen, um mindestens 8,50 Euro für jede geleistete Arbeitstun­de zu zahlen.“Daran hielten sich offenbar längst nicht alle.

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BILD: CHRISTIAN J. AHLERS Positives Beispiel: Patrick Birkenfeld (23) fährt für das Unternehme­n „Die Schwarzen“. Der grüne Aufkleber an der Heckscheib­e zeigt an: „Sie fahren mit einem Taxi pro Mindestloh­n“.

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