Machtmensch als Mittler
Schlichter bittet Konfliktparteien zu ersten Gesprächen – Lidl an einzelnen Standorten interessiert
Rewe-Chef Caparros sagte ein Treffen mit Kaiser’s Tengelmann-Betriebsräten ab. Der Grund: „Persönliche Teilnahme am Schlichtungsverfahren.“
MÜLHEIM/BERLIN – Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder drückt bei den Schlichtungsgesprächen zur Rettung der Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann aufs Tempo. Erste Vorgespräche unter den Beteiligten fanden offenbar schon am Dienstag – nur einen Tag nach Ankündigung der Schlichtung – statt. Und einen weiteren Interessenten an einzelnen Standorten gibt es auch: Discounter Lidl erwägt nach eigenen Angaben „neue Optionen“.
In letzter Sekunde
Rewe-Chef Alain Caparros sagte am Dienstag ein eigentlich für diesen Tag geplantes Treffen mit Betriebsräten von Kaiser’s Tengelmann ab und vertröstete die Arbeitnehmervertreter auf einen anderen Termin. „Alain Caparros’ persönliche Teilnahme am Schlichtungsverfahren macht diese Verlegung leider unumgänglich“, erklärte ein Unternehmenssprecher. Das Schlichtungsverfahren soll in letzter Minute doch noch eine Lösung im festgefahrenen Konflikt um die Supermarktkette bringen.
Auf Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und dem „Verdi“-Vorsitzenden Frank Bsirske hatten sich Edeka, Tengelmann und Rewe am Montag auf Schröder als Schlichter verständigt. Unterstützt wird er vom langjährigen Vorsitzenden des Sachverständigenrates, Bert Rürup. Für die Unternehmen werden die Vorstandsvorsitzenden an den Verhandlungen teilnehmen.
Ziel sei es, auf der Grundlage der von Gabriel erteilten Ministererlaubnis für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka zeitnah einen Interessenausgleich zwischen den Beteiligten zu ermöglichen. „Für die Dauer des Verfahrens wird keine Übergabe von TengelmannFilialen an Dritte erfolgen und ist zwischen den Parteien Stillschweigen vereinbart“, hieß es in der Ankündigung des Schlichtungsverfahrens. Damit ist die Zerschlagung der kriselnden Kette zunächst gestoppt.
Am Wochenende war bereits ein wenig Bewegung in die zuletzt verhärteten Fronten gekommen. Nach der Discount-Kette Norma hatte sich auch der Konkurrent Markant zur Rücknahme der Klage gegen die umstrittene Ministererlaubnis für einen Verkauf der Supermarktkette an Edeka bereiterklärt, sagte Tengelmann-Eigentümer Karl-Erivan Haub.
Vollzogen werden kann die Übernahme aber nicht, solange der Edeka-Rivale Rewe als dritter Kläger an seiner Beschwerde gegen die Ministererlaubnis festhält. Die Hürden für eine Einigung mit Rewe scheinen weiterhin sehr hoch. Während Haub ganz klar eine Gesamtübernahme aller Filialen durch Edeka bevorzugt und diesen Weg erst vor einer Woche als einzige Chance zum Erhalt aller Arbeitsplätze bezeichnet hatte, bekräftigte ein Rewe-Sprecher erst am Montag die Forderung des Unternehmens nach einer fairen Aufteilung der Filialen.
Seit Jahren rote Zahlen
Ein Vollzug der Ministererlaubnis würde allen Beschäftigten von Kaiser’s Tengelmann eine fünfjährige Arbeitsplatzgarantie sichern. Kaiser’s Tengelmann betreibt im Großraum Berlin, in München und Oberbayern sowie in Nordrhein-Westfalen noch mehr als 400 Filialen. Die Kette schreibt seit Jahren rote Zahlen. Für den Fall einer Zerschlagung von Kaiser’s Tengelmann signalisierte unterdessen auch die Discounterkette Lidl ein Interesse an der Übernahme einzelner Standorte. Das Unternehmen prüfe mögliche Optionen, hieß es am Dienstag. Als es noch um die Übernahme der ganzen Supermarkt-Kette ging, hatte Lidl nach eigenen Angaben Überlegungen zu einem Einstieg verworfen.