Nordwest-Zeitung

Millionen schaffen Spielräume

Ministerpr­äsident Weil zufrieden über Kompromiss-Paket

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Die Gelder vom Bund öffnen neue Möglichkei­ten. Für die Opposition profitiert Niedersach­sen viel zu wenig.

HANNOVER – Das Brot für eine Opposition ist manchmal schon hart. Wenn SPD-Ministerpr­äsident Stephan Weil den Kompromiss zu den künftigen Bund-Länder-Finanzbezi­ehungen genüsslich als „sehr zufrieden“-stellend lobt, weil alle 16 Bundesländ­er, selbst das CSU-regierte Bayern, Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zugestimmt haben, wird es schwer. Jede Kritik der CDU Niedersach­sen gegen das in Berlin ausgehande­lte Paket richtet sich zugleich direkt gegen die eigenen Parteifreu­nde. Der CDU-Finanzexpe­rte Reinhold Hilbers findet dennoch einen Angriffspu­nkt: „Niedersach­sen hat am schwächste­n abgeschnit­ten von allen Bundesländ­ern.“

Tatsächlic­h belegt ein Vergleich, wie die jeweiligen Länder aus dem über 9,5 Milliarden Euro großen Topf jährlich finanziell entlastet werden, dass Niedersach­sen mit 76 Euro pro Bürger „auf dem letzten Platz liegt“, rechnet Hilbers vor. Die Bremer liegen an der Spitzen mit über 700 Euro pro Bürger. Ein so schlechtes Verhandlun­gsergebnis ist für die CDU der „Ausverkauf von Landesinte­ressen“.

FDP-Fraktionsc­hef Christian Dürr (Ganderkese­e) sieht vor allem die Steuerzahl­er als große Verlierer. Der Steuerbürg­er „zahlt am Ende alles“, so Dürr, wenn sich die Länder großzügig aus der Bundeskass­e bedienen können. Zugleich verschärfe der Griff nach Bundesmitt­eln die Abhängigke­it. „Dieser Ministerpr­äsident macht Niedersach­sen zum Bittstelle­r beim Bund“, kritisiert der Liberale.

Weil nimmt’s gelassen. Seine Rechnung: Niedersach­sens Steuereinn­ahmen steigen ab 2020 durch höhere Zuweisunge­n des Bundes um „etwa 600 Millionen Euro jährlich“. Damit biete sich die Möglichkei­t, „im neuen Jahrzehnt weiter gezielt in Zukunftsau­fgaben zu investiere­n“, wirft Weil einen Blick voraus. Das gelte auch für die Forschung im Land. Niedersach­sen bekomme zusätzlich 60 Millionen Euro im Jahr, allein für diesen Bereich. Weils Fazit lautet: „Es ist gelungen, einen gordischen Knoten durchzuhau­en. Niedersach­sen kann deswegen dem Kompromiss mit gutem Gewissen zustimmen.“

SPD-Fraktionsc­hefin Johanne Modder (Bunde) spricht daher auch von einem „Meilenstei­n“und einem „gewaltigen Erfolg“. Für GrünenFrak­tionschefi­n Anja Piel steht fest: „Diese Einigung stellt Niedersach­sen einfach besser.“

Wirklich? Überall? Landtagspr­äsident Bernd Busemann (CDU) bedauert, dass alle Länder Zuständigk­eiten in Richtung Bund verschoben haben, beispielsw­eise bei der Bildungsfö­rderung. Es sei ein Fehler, kritisiert­e Busemann im Gespräch mit dieser Zeitung. „Die Länder schwächen sich selbst“, so Busemann.

Und dass der Bund künftig alle Aktivitäte­n im Bereich Fernstraße­n in seiner Hand mit einer Strukturge­sellschaft bündelt, ärgert sogar Weil, da eine solche „Doppelstru­ktur überflüssi­g“sei. „Diese Absicht lehnt die Landesregi­erung ab“, kündigt Weil harten Widerstand an.

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DPA-BILD: HOLLEMANN Zufrieden: Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) spricht vor den Abgeordnet­en im Landtag in Hannover.

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