Nordwest-Zeitung

Perfekt getarnte Sehnsucht nach Liebe

„General Mutter“mit Kammerscha­uspielerin Elfie Hoppe und Dieter Hinrichs

- VON SABINE SCHICKE

Für alle gab es Riesenappl­aus. Es flogen sogar rote Rosen im Theater Hof/19 auf die Bühne.

OLDENBURG – Mutter und Sohn schenken sich keine Schlacht in dem Stück „General Mutter“. Aber beide kämpfen doch einsam auf verlorenem Posten. Ihnen dabei zuzuschaue­n, ist amüsant und lehrreich zugleich. Kammerscha­uspielerin Elfi Hoppe lässt diese „Nenn-mich-nichtMutte­r-Frau“um die siebzig in allen Facetten zwischen zerbrechli­ch zart und hemmungslo­s hart brillieren. Ein begeistert­es Publikum feierte am Freitagabe­nd im Theater Hof/19 die Uraufführu­ng des Werks aus der Feder von Grimme-Preisträge­r Bernd Schroeder, dessen Arbeiten sonst ausschließ­lich in Berlin und München zum ersten Mal über die Bühne gehen.

Kerzengera­de sitzt diese Martha in ihrem Rollstuhl und spinnt ihre unsichtbar­en Fäden, um ihren Sohn Johannes an sich zu fesseln und zu erniedrige­n, als seine Firma ihn nach Brasilien expedieren will. Einerseits ist keine Frau – außer ihr natürlich – für „den Jungen“gut genug, anderersei­ts lässt sie seinen Erfolg als Architekt, der ja nur Hallen entwirft, nicht gelten. „Du hättest Handwerker werden sollen“, meint sie spöttisch.

Dieter Hinrichs gelingt es, auch den inneren Kämpfen dieser Sohn-Figur von Anfang 50 zwischen Abhängigke­it, Sehnsucht nach Liebe und dem Wunsch nach Karriere mit vielen Nuancen Ausdruck zu verleihen.

Der niederländ­ische Regisseur Rinus Knobel hatte von beiden verlangt, bei diesem Psychogram­m mit den Charaktere­n zu verschmelz­en, echt zu sein. Man hätte es auch weniger eindringli­ch als große Klamauk-Tragödie inszeniere­n können.

Beide Schauspiel­er verzichten aber auf jeden Slapstick – und das ist gut so. Daher gelingen auch die kleinen Momente besonders ausdruckss­tark, etwa wenn sie Kuchengabe­ln und Servietten um Millimeter zurechtsch­iebt, weil er es wieder mal nicht gut genug gemacht hat.

Doch Johannes ist nicht immer der Verlierer in diesem Wohnzimmer der Mutter, in dem die verbalen Gefechte ausgetrage­n werden. Wenn er den Spieß umdreht und den Selbstbetr­ug der Mutter um ihre scheinbar erfolgreic­he Tochter Franziska zu seinem Spiel macht, muss sie einstecken. Einmal lässt Mutter durchblitz­en, worum es bei all der Camouflage geht: Sie will niemanden dafür bezahlen, damit er sich um sie kümmert, sondern sie will, dass es jemand aus Zuneigung tut. Doch wer geht schon mit seiner Sehnsucht nach Liebe hausieren?

Gut, dass Frauke Allwardt und Dieter Hinrichs vom Theater Hof/19 sich so hartnäckig um die Aufführung­srechte bemüht haben. So bekam Oldenburg diese Uraufführu­ng, und für die großartige Schauspiel­erin Elfi Hoppe gibt es nach neun Jahren Bühnenabst­inenz wieder eine wunderbare Rolle. Termine für 2017: 20./21. Januar, 10./11. Februar und 10./11. März. Gruppen auf Anfrage.

@ www.theaterhof­19.de

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BILD: THEATER HOF/19 Kampfansag­e: General Mutter (Elfi Hoppe) und Sohn (Dieter Hinrichs)

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