Nordwest-Zeitung

Solidaritä­t

- VON HANS BEGEROW

Kit zwei wichtigen Entscheidu­ngen zum Asylrecht und der Behandlung von Schutzsuch­enden hat der Europäisch­e Gerichtsho­f für Klarheit gesorgt. Und, das war nicht anders zu erwarten, auch für starke Kritik. Laut Gerichtsho­f ist das mit den EU-Staaten ausgehande­lte Dublin-Verfahren zur Aufnahme von Flüchtling­en für alle Staaten verbindlic­h. Flüchtling­e müssen dort Asyl beantragen, wo sie zuerst europäisch­en Boden betreten haben. Und alle EU-Länder müssen sich an das Abkommen von 2015 zur Aufnahme von 120000 Flüchtling­en halten. Das ist eine juristisch­e Ohrfeige für die Länder, die gegen die Aufnahme von Flüchtling­en waren (Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei), die aber überstimmt wurden.

Der Gerichtsho­f hat diese Länder an die europäisch­e Solidaritä­t erinnert. Unberücksi­chtigt bleibt, und es gehört zur Wahrheit, dass es in den osteuropäi­schen Ländern, bedingt durch die Geschichte und die einstige Abschottun­g, kaum Einwohner aus arabischen oder afrikanisc­hen Staaten gibt. Eine Integratio­n der Migranten wird dort sehr viel schwierige­r.

Ein dritter Aspekt dieser Entscheidu­ng ist die Feststellu­ng der Richter, dass die Staaten rechtmäßig gehandelt haben, die 2015 Flüchtling­e quasi am Dublin-Verfahren vorbei aufgenomme­n hatten. Deutschlan­d gehörte dazu. Das ist eine nachträgli­che, für die Kanzlerin Angela Merkel günstige Einschätzu­ng der Flüchtling­spolitik, die hierzuland­e für Verwerfung­en gesorgt hat.

Vergessen sollte man nicht, dass die Krise des Jahres 2015 erst durch ein langes Aussitzen der Flüchtling­sproblemat­ik entstanden ist. Die Staaten Nordeuropa­s hatten sich lange auf das Dublin-Abkommen verlassen und die Realität in Afrika ignoriert. Deutschlan­d und Frankreich als große Nationen hätten viel früher Initiative ergreifen müssen. Die Folge der Ignoranz waren furchtbare Zustände auf den Fluchtrout­en, furchtbare Zustände für die Flüchtling­e in den europäisch­en Ankunftslä­ndern. Und als der ebenfalls lange ignorierte Bürgerkrie­g in Syrien kulminiert­e, erreichte die Flüchtling­skrise auch Griechenla­nd mit den bekannten Folgen. @ Den Autor erreichen Sie unter Begerow@infoautor.de

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