Chaostage im Weißen Haus
Scaramucci-.ntlassung trifft Washington wie Paukenschlag
Chaos? Welches Chaos? Nur Stunden, nachdem Donald Trump in einem Tweet am Montag festgestellt hatte: „Kein Chaos im Weißen Haus!“, drang die Meldung von der Entlassung seines Kommunikationsdirektors Anthony Scaramucci an die Medien und damit die Öffentlichkeit. Knapp elf Tage hatte sich der Abteilungsleiter an seinem neuen Job erfreuen können, dann ließ der USPräsident ihn von Secret-Service-Beamten vom Gelände der Regierungs-Schaltzentrale geleiten. Es war der nächste Paukenschlag nach dem forcierten Rücktritt von Stabschef Reince Priebus am Freitag vergangener Woche.
Beobachter in Washington müssen lange zurückdenken, um sich an ähnlich dramatische Tage im Westflügel des Weißen Hauses zu erinnern. Vor allem die turbulente Ära Richard Nixons während des „Watergate“-Skandals bietet einige vergleichbare Parallelen.
Amerika reibt sich erneut die Augen und stellt sich Fragen: Wie kann die Welle an Negativmeldungen gebremst werden, die auch – das fürchten
führende Republikaner – den konservativen Volksvertretern bei den Kongress-Zwischenwahlen im kommenden Jahr erheblich schaden könnte? Und: Kann der neue starke Mann unter Trump – Ex-General John Kelly, der seine JobÜbernahme als Stabschef an die Demission Scaramuccis geknüpft hatte – den Präsidenten so beeinflussen, dass sich nach sechs Monaten die Stimmungslage im Land ändert?
Kaum hatte Kelly seinen Stab um sich versammelt und den Mitarbeitern eingetrichtert, künftig müsse jeder Berater im „West Wing“– und damit auch Trump-Tochter Ivanka und Schwiegersohn Jared Kushner – ohne Umwege über den Präsidenten an ihn direkt berichten, gab es schon die nächste Hiobsbotschaft in Form eines internen „Leaks“an die Medien. Trump soll seinem Sohn Donald jr. höchstpersönlich eine irreführende Erklärung zu dem Treffen mit einer russischen Anwältin im Juni 2016 diktiert haben – ein Vorgang, der nach Ansicht von Experten den Präsidenten in den laufenden Ermittlungen der Justiz zum möglichen Einfluss Russlands auf die US-Wahlen in juristische Probleme bringen könnte.
Genug Arbeit gibt es also für Kelly – auch mit Blick auf die undichten Stellen, die Trump weiter keinen Tag Ruhe geben und nach Meinung von Beobachtern ein klares Indiz für anhaltende Machtkämpfe und Unzufriedenheit im Weißen Haus sind. Dass der neue Zuchtmeister Kelly den Kopf Scaramuccis gefordert hatte, ist dabei keine große Überraschung. Der Ex-Militär verabscheue Disziplinlosigkeit.
Trumps General-Aufräumer sieht sich nun vor allem mit einem Kernproblem konfrontiert: Seine ZuchtmeisterRolle bringt ihn in direkten Konflikt mit einem Präsidenten, der gerne impulsive Politik über Twitter betreibt und gelegentlich nicht zu realisieren scheint, welchen Schaden er sich selbst dabei zufügt.