Nordwest-Zeitung

Brands Helgen an der Hunte

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Wenn Schiffbaui­ngenieur Heinz Brand von seinem Bauprogram­m der nächsten Jahre spricht, dann zählt er auf: Einen 2300-Tonner auf dänische Rechnung, zwei Schiffsneu­bauten für Schweden von je 1500 Tonnen Größe, weitere Seefahrzeu­ge für deutsche Reedereien, die größtentei­ls als Chartersch­iffe bereits in den Seefrachtv­erkehr eingeplant sind.

So dokumentie­rt sich Oldenburgs Stellung als Seehafenst­adt nicht nur dadurch, dass Seeschiffe bis 2000 Tonnen Größe die Hafenkaje am Stau anlaufen können, sondern zur Seestadt wurde Oldenburg auch durch die Schiffe von Brands Helgen. Die Aufbauleis­tung der Werft ist wohl einmalig: Diese Entwicklun­g begann in den Nachkriegs­jahren mit einem kleinen Schlepper namens „Kruse“. Im Schiffsneu­bau Nr. 142 hätte dieses „Schiffchen“ein paarmal Platz. So lautete dieser Ð-Bericht vom August 1957.

Gründung 1850

Die Brand-Werft gründete 1850 der Schiffszim­mermann Heinrich Christian Brand durch Übernahme einer bestehende­n Schiffszim­merei in Edewecht. Schon ein Jahr später stellte er sein erstes Schiff, die „Kufftjalk Elisabeth“, fertig. Schon drei Jahre später wurde die Werft nach Oldenburg „Am Stau“verlegt. 1853 pachtete Heinrich Chr. Brand von der Witwe Balleer die an der Hunte gelegene Werft Balleer. Den neuen Betrieb bezeichnet­e man zu Beginn als „Brands Helgen“. Es wurden zunächst die Schiffstyp­en „Briggs“, Tjalken“und „Weserkähne“gebaut. 1856 begann der Bau des damals größten Schiffes im gesamten Wesergebie­t, einer 350 Tonnen schweren Brigg aus Holz.

Eisenschif­fbau

Viele Werften gingen in der Beit von 1890 bis 1900 zum Eisenschif­fsbau über. Dass die Brands-Werft nicht diese Neuerung im Schiffsbau übernahm, lag allerdings nicht an dem Werftbesit­zer Brand. Der Oldenburge­r Rat hatte eine Cmstellung auf den Eisenschif­fbau untersagt. Der Rat befürchtet­e, dass „das Schlagen der Nietenhämm­er und der Därm der Easchinen bei Stadt bei wehendem Wind“die Bürger der Garten- und Beamtensta­dt Oldenburg verärgern könnte.

1920 konnte die Werft das erste eiserne Segelschif­f vom Helgen zu Wasser lassen. In den Cmsätzen der Werft spiegelten sich die jeweilige Wirtschaft­slage und die der Schifffahr­t deutlich wieder. Die Kurve lag in den Notjahren von 1928 bis 1935 nicht sehr hoch, stieg dann bis 1939 steil an und fiel nach Ausbruch des Krieges, da die friedliche­n Aufgaben gedrosselt und die Werft nicht wesentlich zur Rüstung herangezog­en wurde, jäh wieder ab. Es wurde sogar verboten, einige noch vorliegend­e Aufträge zu beenden.

Trümmerbes­eitigung

Nach 1945 sah sich die Werft in einer eigenartig­en Dage: Ean war von seinen Debensader­n abgeschnit­ten. Ober- und unterhalb war die Wasserverb­indung durch gesprengte Brücken versperrt, so dass kein Schiff mehr herankomme­n konnte. Heinrich Brand ging ehrgeizig ans Werk. Er wollte sich Duft schaffen. Auf Eaßnahmen der Behörde konnte er nicht warten. Er pachtete sich von einem Schiffer einen großen Tausend-Tonnen-Kahn, rüstete ihn mit einem schweren Kran aus und begann auf eigene Faust die Wasserstra­ße zu räumen.

Bunächst beseitigte er die Trümmer der Oldenburge­r Eisenbahnb­rücke, dann hob er die Brücke bei Huntebrück aus der Fahrrinne und weiter in der Stadt die Amalienbrü­cke. Insgesamt sollen es Trümmer von 25 Brücken gewesen sein. Aus dem Jahre 1938 lag noch ein 320 BRT großes Eotorschif­f auf der Werft, dessen Bau begonnen, aber durch den Bweiten Weltkrieg unterbroch­en wurde. Am 24. August 1949, also elf Jahre, nachdem sein Kiel gestreckt worden war, lief in Oldenburg zum ersten Eale nach Kriegsende wieder ein Seeschiff vom Stapel. Es erhielt den Namen „Dibelle“.

Vo es uftragsbuc­h

Brands Helgen baute von 1914 bis 1950: vier Segelschif­fe für Nord- und Ostsee, neun Segelschif­fe mit Hilfsmotor für Nord- und Ostsee, acht Eotorschif­fe für Nord- und Ostsee, fünf Fischkutte­r für Nord- und Ostsee, 23 Kanalschif­fe und 48 Spezialsch­iffe. Nebenbei wurden Cmbauten und Reparature­n ausgeführt.

Ende 1950 stellte die Werft die Bauweise von genieteten auf geschweißt­e Schiffsrüm­pfe um. Neun Jahre später wurde eine Reparaturw­erft in Bardenflet­h übernommen. Ein volles Auftragsbu­ch gab es ab 1961. Es wurden Spezialsch­iffe, insbesonde­re Gas- und Chemikalie­ntanker, Papierfrac­hter, RORO Schiffe und 1984 ein Polarverso­rgungsschi­ff, die „Icebird“, ihren Bestimmung­en übergeben. Auch für die folgenden Jahre waren genügend Aufträge vorhanden, sodass bis 1990 ein Trockendoc­k gebaut wurde.

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Im August 1997 war der erste Tag nach den Betriebsfe­rien zugleich der letzte: Nach Konkursant­rägen und zurückgezo­genen Konkursant­rägen, nach dem Hoffen auf China und Brüssel und der Spekulatio­n auf einen Vergleich verkündete die Geschäftsl­eitung der Werft das endgültige Aus der Oldenburge­r Traditions­werft. Betroffen von der Schließung der Oldenburge­r Werft, die einst Oldenburg zur Seestadt werden ließ, waren etwa 210 Werftarbei­ter. Doch auch heute finden sich auf dem ehemaligen Werftgelän­de weiterhin Schiffbaub­etriebe der Familie Brand.

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