Nordwest-Zeitung

Mindestens naiv

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Naivität oder Schlampigk­eit? Innenminis­ter Boris Pistorius mag selbst entscheide­n, welches Prädikat auf sein Amtsverstä­ndnis im Umgang mit dem Bremer Bamf-Skandal zutrifft. Da erhält Niedersach­sens oberster Sicherheit­spolitiker schon vor einem Jahr brisante Exklusivin­formatione­n über die Zustände in der Bremer Flüchtling­sbehörde per Mail zugespielt. Was macht Pistorius? Er liest den Inhalt noch nicht einmal, schickt die Mail zur Bearbeitun­g ins Ministerbü­ro – und diese ist seitdem in irgendeine­m dunklen Loch des Innenminis­teriums verschwund­en. Angeblich völlig spurlos. Ein bedauerlic­her Fehler, sagt Pistorius, der passieren könne. Falsch. Eine unverzeihl­iche Schlampere­i!

Nur zur Erinnerung: Der Innenminis­ter ist auch für die IT-Sicherheit Niedersach­sens zuständig. Ein zutiefst beunruhige­nder Gedanke, dass offenbar schon der Umgang mit einfachen Mails das Ministeriu­m überforder­t. Was passiert, wenn’s komplizier­ter wird? Pistorius will jetzt die Arbeit der Ministeriu­ms-Spitze und besonders seines Büros durchleuch­ten und optimieren. Warum erst jetzt? Warum gilt nicht längst ein Vier-Augen-Prinzip im Innenminis­terium mit den geheimsten Akten der Landesregi­erung? Kann jeder schalten und walten nach Belieben? Offenbar haben sämtliche Kontrollme­chanismen versagt.

Und: Natürlich war Pistorius im Urlaub, als er die politisch explosiven Informatio­n zum Bremer Bamf-Skandal bekam. Warum hat er nicht sofort nachgehakt? Auch im Urlaub? Hat ihn der Instinkt verlassen? Noch ganz viele Fragen warten auf eine Antwort.

@ Den Autor erreichen Sie unter Reichenbac­hs@infoautor.de

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