Gänsehaut-Nachricht für unseren WM-Helden
Junger Russe findet seinen Lebensretter Kevin Meyer via Facebook und will ihn unbedingt treffen
Der verunglückte Moped-Fahrer aus Sotschi hatte einen Schädelbruch erlitten. Dank des Feuerwehrmanns kann er heute schon wieder lächeln.
OLDENBURG SOTSCHI Gänsehaut! Anders mag sich wohl kaum beschreiben lassen, was diese Nachricht, diese fünf Zeilen via Facebook-Messenger, in Kevin Meyer ausgelöst haben. Das 22-jährige Mitglied der Oldenburger Berufsfeuerwehr beschreibt’s am Dienstagabend auf Ð-Nachfrage etwas deutlicher, aber nicht minder treffend mit einem knappen: „Hammer.“
Völlig Fremde dankten
Und das ist der Grund: „Hi, Kevin! Du hast mein Leben gerettet, 23. Juni. Ich möchte Dir gerne danken! Danke Dir so sehr. Ich möchte Dich treffen.“Mit diesen Worten (übersetzt aus dem Englischen) hat sich ein 20-jähriger Russe zurück ins Leben geschrieben – auch in das von Kevin Meyer. Vor etwa drei Wochen hatte der Fußballfan aus Visbek einen Abstecher nach Sotschi gemacht, um dort das Vorrundenspiel Deutschland gegen Schweden zu sehen. Wenige Stunden vor dem Anpfiff wurde er dann aber selbst zu einem echten WM-Helden.
Denn Meyer wurde Zeuge eines schweren Verkehrsunfalls, bei dem besagter 20-jähriger Russe – dieser hatte gerade offenbar Sushi auf seinem Moped ausgefahren – unter ein Auto geriet und eigentlich keine Überlebenschance mehr hatte. Doch Meyer, selbst Notfallsanitäter, gab
den jungen Mann, der keinen Puls mehr hatte, blau angelaufen war und bereits klinisch tot erschien, nicht auf. Wie berichtet, pumpte und beatmete der Norddeutsche immer weiter. Seine Wiederbelebungsmaßnahmen fruchteten – der Russe kam wieder zu sich, konnte dann von den alarmierten Sanitätern schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden und Kevin Meyer so überglücklich wie erleichtert nach Deutschland zurückkehren. Fußball? Das blieb eine Randnotiz, wie bei vielen anderen deutschen Fans auch, dies allerdings aus eher sportlichen Gründen.
Für Kevin war der SotschiAufenthalt damit aber längst noch nicht durch. „Ich hatte ihn immer im Hinterkopf und wollte wissen, wie es ihm wohl geht“, sagt er. Weil nicht nur die Nordwest-Zeitung, sondern dann auch weitere deutsche und auch russische Medien über ihn berichteten, brach eine Welle an Öffentlichkeit über ihn ein, mit der er so nicht gerechnet hatte.
„Ich habe nach dem ÐBericht plötzlich jede Menge Presseanfragen bekommen, dazu Nachrichten von Schaumburg bis Oberbayern erhalten – von völlig Fremden, die wissen wollten, ob ich das wirklich bin“, erzählt er „sogar russische Landsmänner haben mir geschrieben und gedankt!“
„Grüße von Mama“
So schnell der Hype um seine Person aufkam („Es hat mich total geflasht“), so schnell endete er auch wieder. Bis jetzt. Bis Dima – so der Name des Geretteten, den Kevin bis Dienstagnachmittag nicht kannte – ihm eine Nachricht schickte. Eine von vielen. „Er hat mir erzählt, dass er sich an den Unfall nicht mehr erinnern kann – aber schöne Grüße von seiner Mutter ausrichten soll“, so Meyer hocherfreut. Fotos hat er ihm ebenso geschickt. Von massiven OP-Narben, unter anderem. „Ziemlich heftig, er hatte einen Schädelbruch davongetragen“, sagt der 22-Jährige. Aber Dima lebt. Und lächelt. Und will Kevin unbedingt treffen. „Das werden wir auf jeden Fall tun“, so die in englischer Sprache getippte Antwort, „aber erhole Dich doch jetzt erst mal und werd’ gesund!“Dima war gewiss nicht der erste Patient, den Kevin Meyer wiederbeleben musste – aber „dass sich jemand anschließend nach mir erkundigt hat und meine Lebensgeschichte
erfahren möchte – nein, das war mir neu, ist aber ein tolles Gefühl.“Eher seltsam mag es da vielleicht angemutet haben, dass sich auch das russische Innenministerium und weitere TV-Sender nach dem Visbeker (Landkreis Vechta) erkundigt haben, so Meyer. Unter anderem im Rathaus sei eine Anfrage eingegangen, weiß er.
Beispiel für alle
Auch wenn er ganz froh ob des zunächst abgeebbten allgemeinen Interesses war, so hatte er am Mittwoch doch noch einen öffentlichkeitswirksamen Termin: Zwei russische Fernsehteams interviewten den 22-jährigen Lebensretter und russisch-deutschen WM-Helden in Visbek – um ihn so in der eigenen Heimat entsprechend zu würdigen und vielleicht ja auch ein klitzekleines bisschen die deutsch-russischen Beziehungen zu stärken. Geplant hatten sie zunächst auch einen Abstecher zur Arbeitsstelle Meyers, der Feuerwache in Oldenburg. Dorthin also, wo er wie all seine Kolleginnen und Kollegen der hauptund ehrenamtlichen Feuerwehr jeden Tag Gutes – ach was, Allerbestes! – tun. Dies halt nur meistens im Stillen, weil’s ihr Job ist. Dass Kevins privates Engagement fernab der Heimat („Endlich Gewissheit zu haben, dass alles ein gutes Ende gefunden hat, ist die schönste Belohnung“) nun solche Wellen auch für all die dienstlichen Heldentaten in Oldenburg schlägt, ist ein weiteres, ganz besonderes Kapitel dieser so ungewöhnlichen Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Findet auch Dima, der ein Treffen mit seinem Allzeit-Helden kaum erwarten kann.