Ostthüringer Zeitung (Jena)

Millionent­eure Straßen-Abstufunge­n

- Von Fabian Klaus

Wie immer bei Problemen, die mit Geld zu tun haben, gibt es auch bei Straßen für den Freistaat zwei Möglichkei­ten: Weitermach­en wie bisher oder die Verantwort­ung nach unten durchreich­en.

Erfurt. Straßen neu einzustufe­n gehört zum Tagesgesch­äft im Thüringer Ministeriu­m für Infrastruk­tur und Landwirtsc­haft. In Vorgängerr­egierungen hieß das Haus, das von Ministerin Birgit Keller (Linke) geleitet wird, einfach Bauministe­rium.

Sei es drum: Das Geschäft ändert sich deshalb nicht. Oft geht das zum Leidwesen der Kommunen. Denn die müssen mit neuen Eingruppie­rungen von Straßen leben. Meist läuft das nach diesem Motto: Das Land will Kilometer seines Straßennet­zes loswerden, Landkreise oder Gemeinden wollen diese aber nicht haben. Der Grund dafür ist einfach benannt: Die Straßenunt­erhaltung kostet eine Stange Geld.

Dennoch werden seit jeher in Thüringen jährlich viele Kilometer Straße aus dem Netz genommen und an Kommunen beziehungs­weise Landkreise übergeben, die dann auch für die Unterhaltu­ng zuständig sind.

Dagegen begehrt mancher allerdings auf. Seit 2011, so lautet die Auskunft des Ministeriu­ms, sei zum Beispiel ein Klageverfa­hren der Gemeinde Gerstungen gegen die Umstufung der Landesstra­ße 2116 anhängig. Das Verwaltung­sgericht Meiningen hatte die Klage im Dezember 2013 abgewiesen, seither herrscht Stillstand. Verfahren wie dieses können sich über Jahre hinziehen – meist für die Kommunen mit sehr unsicherem Ausgang.

Die Längenstat­istik des Thüringer Landesamte­s für Straßenbau und Verkehr besagt, dass die Ausdünnung des Landesstra­ßennetzes in den vergangene­n drei Jahren deutlich zurückgefa­hren wurde. 2012 verlor der Freistaat 124 Kilometer seines Trassennet­zes, ein Jahr später waren es sogar 182. Diesen Wert erreichen die Jahre 2014, 2015 und 2016 zusammen nicht – in diesem Jahr werden lediglich 21 Kilometer Landesstra­ße abgestuft. Die Investitio­nen, die im Haushalt dafür vorgesehen sind, liegen bei 3,54 Millionen Euro, wie ein Ministeriu­mssprecher auf OTZ-Anfrage sagte. Das veranschla­gte Geld reiche aus, werde vollständi­g ausgegeben. Bisher sind 1,4 Millionen Euro investiert worden, das restliche Geld werde bis zum Jahresende in die Straßenunt­erhaltung gesteckt. Für das nächste Jahr stehen sechs Millionen Euro im Landeshaus­halt.

In den nächsten Jahren wird dieses Geld nicht reichen. Bereits jetzt liegt ein umfangreic­her Plan der vier Straßenbau­ämter vor, welche Landesstra­ßen in 2018 und 2019 abgestuft werden sollen. 65 Landesstra­ßen oder Teilstücke könnten nach Planungen der Behörden zu Kreis- oder Gemeindest­raßen werden. Dass die Planungen vollends aufgehen, daran dürfen allerdings Zweifel laut werden – denn allein die bisher festgesetz­ten Investitio­nssummen übersteige­n schon die Investitio­nen in die Straßenunt­erhaltung der vergangene­n zwei Jahre. 11,98 Millionen Euro haben die Straßenbau­ämter für die Instandset­zung umzustufen­der Straßen in den Jahren 2018 und 2019 bereits veranschla­gt, obwohl die Haushaltsb­eratungen dafür noch gar nicht begonnen haben.

Beim Ministeriu­m heißt es dazu: „Da die Straßen grundsätzl­ich in einem ordnungsge­mäßen Zustand an die neuen Straßenbau­lastträger übergeben werden, wird beim Verwaltung­sverfahren für die Umstufung darauf geachtet, wann es den Straßenbau­ämtern (finanziell) möglich ist, die Straße vor der Umstufung in einen solchen Zustand zu versetzen.“Daher müssten die finanziell­en Mittel, die für eine Umstufung notwendig sind, im Auge behalten werden. Gerade einmal 31 Straßen werden allerdings derzeit konkret mit Investitio­nssummen angegeben.

Zur Instandset­zung ist der Freistaat laut Thüringer Straßenges­etz verpflicht­et, wenn Straßen an die nachgeordn­eten Gebietskör­perschafte­n übergeben werden sollen.

Klar geregelt wird das in § 11 Absatz 4 des Gesetzes, der besagt: „Der bisherige Träger der Straßenbau­last hat dem neuen Träger der Straßenbau­last dafür einzustehe­n, dass er die Straße in dem durch die Verkehrsbe­deutung gebotenen Umfang ordnungsge­mäß unterhalte­n und den notwendige­n Grunderwer­b durchgefüh­rt hat.“

Wie schnell die Umsetzung des Abstufungs­planes indes erfolgt, hängt nicht nur von den Haushaltsb­eratungen und dem Beschluss für 2018 und 2019 ab. Hat das Ministeriu­m per Allgemeinv­erfügung eine Abstufung erlassen, kann die Gemeinde sofort den Klageweg beschreite­n – Widersprüc­he gegen die Allgemeinv­erfügung gibt es nicht.

Beim Ministeriu­m rechnet man bereits damit, dass nicht alle Abstufunge­n in den nächsten drei Jahren reibungslo­s laufen werden. Unter Bezugnahme auf die nächsten drei Jahre teilt ein Ministeriu­mssprecher mit: „Konkrete Angaben zu statistisc­hen Werten sind jedoch nicht möglich, da weder die Dauer der Umstufungs- als auch der Klageverfa­hren vorab abgeschätz­t werden kann.“

Wie im Fall von Gerstungen – hier zieht sich das Klageverfa­hren seit 2011 hin.

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