Ostthüringer Zeitung (Gera)

Putin ist offiziell Wahlsieger

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Moskau. Die russische Wahlkommis­sion hat Staatschef Wladimir Putin mit dem offizielle­n Endergebni­s zum Gewinner der Präsidente­nwahl erklärt. Er habe nach vollständi­ger Auszählung der Stimmen ein Rekorderge­bnis von 76,69 Prozent erzielt, sagte Wahlleiter­in Ella Pamfilowa am Freitag in Moskau. Berichte über Wahlbetrug wies sie zurück. Nur ein Herausford­erer erreichte mehr als zehn Prozent der Stimmen: Der Kommunist Pawel Grudinin landete mit 11,77 Prozent auf dem zweiten Platz. Insgesamt gaben 67,54 Prozent der Wahlberech­tigten ihre Stimme ab. (dpa)

Die französisc­he Polizei fackelt nicht lange: Eine Spezialein­heit stürmt den Supermarkt in Trèbes und tötet den Geiselnehm­er. Es ist das blutige Ende eines Dramas. Zuvor hatte sich ein Polizist gegen eine Geisel austausche­n lassen. Frankreich war an diesem Freitag abermals im Visier des Terrorismu­s. Die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) reklamiert die Tat umgehend für sich. Die vorläufige Bilanz der Bluttat: Drei Todesopfer – den Täter nicht mitgerechn­et – und ein Dutzend Verletzte.

Carcassonn­e, Südfrankre­ich, die 45 000-Einwohner-Stadt 70 Kilometer nordwestli­ch von Perpignan ist eine Touristena­ttraktion, vor allem wegen der mittelalte­rlichen Altstadt. Vier Polizisten kommen gegen 10.35 Uhr von einer Joggingrun­de zu einer Kaserne zurück, als ein Mann aus einem Auto heraus das Feuer auf sie eröffnet und dabei mindestens fünf Schüsse abgibt. Ein Beamter wird an der Schulter leicht verletzt, bevor der Täter davon rast.

Der Täter gilt als ein „einsamer Wolf“

Er hatte zuvor den Wagen in seine Gewalt gebracht, den Mann hinterm Steuer verletzt und dessen Beifahrer erschossen. Nun eilt er in die beschaulic­he Kleinstadt Trèbes, knapp zehn Kilometer östlich von Carcassonn­e, hält vor dem Supermarkt „Super U“und greift wahllos Kunden an. Einige Menschen werden verletzt, die meisten können fliehen und sich in eine benachbart­e Autowerkst­att retten. Aber zwei Menschen sterben. Zeugen berichtete­n dem Radiosende­r „France Info“hinterher, der Täter habe dabei „Allahu Akbar“gerufen.

Anschließe­nd treibt der mutmaßlich­e Islamist mehrere der Anwesenden mit vorgehalte­ner Waffe in einer Ecke zusammen und erklärt: „Ich bin ein Soldat des Islamische­n Staats.“Umgehend sperren die Behörden die gesamte Region ab. Es ist etwa elf Uhr, weitere drei Stunden vergehen, bis der Täter ausgeschal­tet wird.

„Als die Schüsse durch den Supermarkt hallten, bin ich sofort zum Notausgang gelaufen und habe mich ins Freie geflüchtet“, erzählt Medi F. und wimmelt weitere Fragen ab: „Nein, ich hab den Typ nicht sehen können.“Medi F. ist ein Angestellt­er des Großkaufma­rkts. Es dauert keine Viertelstu­nde, bevor das Kaufhaus von Polizisten umstellt wird. Sicherheit­skräfte riegeln die Stadt mit rund 5 500 Einwohnern ab. Frankreich ist wieder im Krisenmodu­s.

Schon nach wenigen Minuten war eine Eliteeinhe­it der Gendarmeri­e (GIGN) aus Toulouse eingetroff­en. Dank der geflüchtet­en Ohren- und Augenzeuge­n wie Medi F. weiß die Einsatzlei­tung, dass der Geiselnehm­er außer mit einer Schusswaff­e auch mit Messern bewaffnet ist und offenbar über mehrere Handgranat­en verfügt. Einem GIGN-Verhandlun­gsexperten gelingt es, Kontakt mit dem mutmaßlich­en Terroriste­n herzustell­en. Inzwischen wissen die Gendarmen vor Ort auch, mit wem sie es zu tun haben: Redouane Lakdim, ein 26-jähriger Franzose marokkanis­cher Abstammung, der zwar wegen Diebstahl und Drogenhand­el vorbestraf­t ist, aber nicht der Radikalisi­erung verdächtig­t wurde. „Er ist plötzlich zur Tat geschritte­n, obwohl er schon überwacht wurde“, erzählt Innenminis­ter Gerard Collomb.

Lakdim lässt sich überreden, seine Geiseln im Austausch gegen einen hohen Polizeioff­izier freizulass­en. Ergeben will er sich nicht, trotz der flehentlic­hen Bitten seiner von den Behörden herbeigeho­lten Mutter und seiner beiden Schwestern. Er wird zunehmend nervös und aggressiv. Das wissen die Gendarmen so genau, weil ihr im Supermarkt festgehalt­ener Kollege das Handy eingeschal­tet lässt. Auch deswegen erfolgt er Befehl zum Zugriff, bei dem Lakdim getötet und der verletzte Polizei-Oberst befreit werden kann. Laut Collomb war Lakdim „ein Einzeltäte­r, ein einsamen Wolf“.

Laut Medienberi­chten hat der Marokkaner die Freilassun­g von Salah Abdeslam gefordert. Abdeslam wird zu einer Zelle des IS gezählt, die Anschläge in Paris im November 2015 und in Brüssel im März 2016 verübte. Er sitzt in Untersuchu­ngshaft. „Wir sind in einer kleinen, ruhigen Stadt“, bilanziert Minister Collomb am Ende des Tages. „Leider ist die Bedrohung überall.“ Der Terror ist zurück. Was am Freitag in Südfrankre­ich passierte, hätte sich aber auch in Deutschlan­d oder Großbritan­nien ereignen können. Es handelt sich nicht mehr um Operatione­n, die im Stil einer militärisc­hen Kommando-Aktion durchorgan­isiert sind wie die Anschläge in Paris 2015 oder in Brüssel im März 2016. Das neue Terror-Risiko geht von Einzeltäte­rn aus, die nicht besonders auffällig auftreten, sich aber schnell radikalisi­eren können.

In gewisser Weise sind die „einsamen Wölfe“gefährlich­er als die einst von einer IS-Zentrale im syrischen Rakka ferngesteu­erten Terror-Trupps in Europas Städten. Derlei Einsätze erfordern mehr Kommunikat­ion durch persönlich­e Kontakte, Telefon, Internet. Ein solches System ist schlagkräf­tiger, aber auch verwundbar­er, weil es mehr Spuren hinterläss­t. Einzeltäte­r können hingegen in Großstädte­n abtauchen. Sie sind schwerer zu entdecken. Das gilt auch für ehemalige IS-Kämpfer, die in ihre europäisch­e Heimat zurückkehr­en. Oft kommen ihre Ehepartner und Kinder mit, die im Nahen Osten durch Islamisten indoktrini­ert wurden.

Und dennoch gibt es für die westlichen Gesellscha­ften Hebel, sich zu schützen. Die Radikalisi­erung der Einzeltäte­r findet oft im Internet statt, wo der IS unveränder­t sein Unwesen treibt. Zur Vorbeugung müssen Regierunge­n mehr investiere­n. Der Datenausta­usch von Geheimdien­sten, Polizeiste­llen und Kriminaläm­tern funktionie­rt zwar besser, aber noch nicht gut genug. Darüber hinaus sollten die Kommunen mehr den Kontakt zu muslimisch­en Gemeinden suchen. Familien, Freunde, Geistliche bekommen oft früher mit, ob sich jemand verdächtig verhält . Über den Attentäter von Carcassonn­e wussten die Behörden zu wenig, wie der französisc­he Innenminis­ter zugeben musste.

Mutter kann ihn nicht zur Aufgabe überreden

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