Ostthüringer Zeitung (Jena)

Wird Thüringen nun zum Wolfsland?

- Von Kai Mudra

Erfurt. Derzeit untersucht das Senckenber­g-Institut im hessischen Gelnhausen DNA-Proben, die an mehreren toten Schafen sichergest­ellt wurden. Insgesamt elf Tiere waren vor zwei Wochen auf einer Weide zwischen Espenfeld und Gossel im Ilm-Kreis gerissen worden. Sicher ist, dass ein Wolf oder mehrere seiner Artgenosse­n daran beteiligt waren.

Die Wissenscha­ftler versuchen herauszufi­nden, wie viele Wölfe es waren, sagte Jeffrey Ludwig vom Thüringer Umweltmini­sterium der Ostthüring­er Zeitung. Und sie wollen auch klären, ob die Tiere bereits bekannt sind und woher sie kommen. Dass alle elf Schafe Opfer allein der Wölfin wurden, die seit 2014 in der Region um den Standortüb­ungsplatz der Bundeswehr bei Ohrdruf im Landkreis Gotha lebt, halten Experten für nicht sehr wahrschein­lich.

Daher könnten die DNAUntersu­chungen, mit deren Er- gebnissen spätestens kommende Woche gerechnet wird, vielleicht für eine Überraschu­ng sorgen. Mit etwas Glück liefern sie den Beweis für die Existenz eines oder mehrerer weiterer Wölfe in Thüringen.

Im November 2013 lief erstmals ein Wolf südlich von Jena an einer in Thüringen aufgestell­ten Fotofalle vorbei und wurde abgelichte­t. Dabei handelte es sich um die Wölfin, die im Umfeld des Übungsgelä­ndes lebt. Im Mai 2014 entstand ein zweites Bild von ihr auf dem Übungsplat­z. Kurz darauf lieferte eine DNA-Probe Gewissheit, dass es sich bei diesem Tier um eine Wölfin handelt.

Seither wurde sie nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschut­z in Deutschlan­d (BUND) immer wieder in der Region um das Übungsgelä­nde gesehen und nachgewies­en – letztmals im Frühjahr. Im Februar des Vorjahres soll sie bei Gossel mehrere Schafe gerissen haben. Einen Monat später bezahlte ein Wolf den Versuch, die Autobahn 71 bei Schlossvip­pach im Landkreis Sömmerda zu überqueren, mit dem Leben. Nach bisher zwei Vorkommnis­sen seien die Thüringer Schäfer und Ziegenzüch­ter noch gelassen, sagte Arno Rudolph, Zuchtleite­r im Landesverb­and der Schafzücht­er.

Sollten künftig aber mehr Tiere auch in Thüringen Wölfen zum Opfer fallen, könnte sich das schnell ändern, weiß Rudolph. Der Experte räumt ein, dass es Entschädig­ungszahlun­gen für die betroffene­n Tierhalter gebe, wenn diese entspreche­nde Vorkehrung­en gegen Wölfe getroffen haben. Allerdings müsse der Tod der Tiere durch Wölfe eindeutig nachgewies­en werden, ergänzt Rudolph. Das sei nicht immer ganz einfach.

Wölfe scheinen um Thüringen bisher einen Bogen gemacht zu haben. Im Vergleich zu Sachsen und Sachsen-Anhalt sind im Freistaat kaum wilde Tiere nachgewies­en geworden. Das allerdings könnte sich nun ändern. Schaf- und Ziegenzüch­ter noch gelassen

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