Ostthüringer Zeitung (Pößneck)
Warnung vor einem Kollaps an Schulen
Erfurt. Vor einem drohenden Kollaps an Thüringer Schulen haben gestern Vertreter von Lehrern, Eltern und Schülern gewarnt. Landeselternsprecher Roul Rommeiß sprach von einem „flächendeckenden und strukturellen Stundenausfallproblem“. In fast keiner Schule des Landes sei es möglich, den Stundenplan tatsächlich abzudecken. Nach Erhebungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind seit Schuljahresbeginn 3,5 Prozent der Unterrichtsstunden ersatzlos ausgefallen. Hinzu komme fachfremde Vertretung, Stillarbeit, Zusammenlegung von Klassen und Kursen. Um den Unterricht abzusichern, fordern GEW, Lehrerverband sowie Elternund Schülervertretung die sofortige Einstellung von zusätzlichen 2500 Lehrern. Jede frei werdende Stelle sei sofort zu besetzen, die Landesregierung müsse den Stellenabbaupfad verlassen. Außerdem wird die Umwandlung der 50-ProzentStellen in den Ganztagsschulen in Vollzeitstellen gefordert und die personelle Absicherung von Schulsozialarbeit.
Man wisse die Anstrengungen der Landesregierung zu schätzen, versicherten die Akteure mit Blick auf die angekündigten zusätzlichen Lehrereinstellungen. Doch sie reichten nicht aus, um die Lücken der vergangenen Jahre zu schließen. Die Maßnahmen, so Roul Rommeiß, könnten lediglich einen weiteren Lehrerverlust auffangen. Zu spät und zu gering. So bewertet Frank Fritze vom Thüringer Lehrerverband die Reaktion der Landesregierung. Von den derzeit etwa 18 000 Lehrkräften in Thüringen werde ein Drittel in naher Zukunft den Schuldienst verlassen. Bärbel Brockhaus von der GEW verwies darauf, dass seit 2010 etwa 2000 Lehrer in Rente gegangen sind, in den kommenden fünf Jahren werden es noch einmal 5000 sein. Demgegenüber werden jedes Jahr mehr Kinder eingeschult.
Als „vollkommen haltlos“hat Bildungsstaatssekretärin Gabi Ohler die Befürchtungen bezeichnet. Erst in der vergangenen Woche habe man in der Kommission „Zukunft Schule“GEW, Lehrerverband und Landeselternvertretung angehört, ein drohender Kollaps an Schulen habe dort keine Rolle gespielt. Sie verwies darauf, dass die Landesregierung deutlich mehr Lehrkräfte und Erzieher einstelle, die Deckelung der Wiederbesetzung frei werdender Lehrerstellen aufhebe und die Einstellung von Deutsch- alsZweitsprache-Lehrern entfriste.