Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Marcus Piltz führt Familienbe­trieb in fünfter Generation

Nach dem plötzliche­n Verlust von Vater und Opa gibt es einen Neustart für die Bad Lobenstein­er Glaser- und Tischlerei

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Das Jahr 2016 stellte die Familie Piltz plötzlich vor unerwartet­e Herausford­erungen. Genau zu seinem 59. Geburtstag erhielt Jürgen Piltz die Diagnose zu einer unheilbare­n Erkrankung. „Uns war klar, dass es keine Chance auf Genesung gibt, aber wir hatten nicht die Hoffnung begraben“, erinnert sich Marcus Piltz an die schweren Wochen und Monate, die folgten und in denen die Familie noch enger zusammenge­rückt ist. Genau zu jener Zeit erkrankte auch noch der Opa schwer.

Aufzugeben war für Marcus Piltz nie eine Option. Im August vorigen Jahres trug er seinen Opa zu Grabe, im Oktober den Vater. Der Familienbe­trieb jedoch, das stand für ihn fest, der soll weiterlebe­n. „Es muss ja weitergehe­n“, sagt er, „den Kopf in den Sand zu stecken, damit ist niemandem geholfen.“Schließlic­h fühle er sich für seine Familie verantwort­lich, zu der neben Ehefrau Carolin die einjährige Tochter und ein achtjährig­er Sohn gehören.

„Hier sind schon immer Fenster gebaut worden, das war über Jahrzehnte die Hauptprodu­ktion gewesen“, beschreibt Marcus Piltz die Entstehung des Familienbe­triebes. Anfangs sei es eine reine Glaserei gewesen, mit seinem Opa Dieter war die Tischlerei hinzugekom­men. „Als Glaser durfte man früher wohl keine Türen bauen, das war Sache der Tischler“, so seine Erklärung. Er selbst ist sprichwört­lich in den Familienbe­trieb hineingewa­chsen und frühzeitig stand fest, dass der Handwerksb­eruf des Glasers erlernt wird. „Gezwungen hat mich niemand“, meint er lachend, „aber bei Familienun­ternehmen scheint es meistens so, dass die Richtung etwas vorgegeben ist.“Bei der Glaserei Kreutzer in Saalfeld begann Marcus Piltz 1998 die dreijährig­e Gesellenau­sbildung und stieg nach Abschluss in den väterliche­n Betrieb ein. Dann drückte er noch einmal die Schulbank und absolviert­e von 2007 bis 2010 die Meisteraus­bildung. Gleich zwei Meisterbri­efe erwarb er beim Abschluss – den als Glaser und den als Tischler. Während es sich beim Meisterstü­ck als Tischler um das eingangs erwähnte Ladenporta­l handelt, entstand als Meisterstü­ck fürs Glaser-Gewerk ein vier mal zwei Meter großes Fenster, oben und unten gebogen sowie mit acht Flügeln versehen.

Gut erinnert sich Marcus Piltz an die 1990er Jahre, als in und um Bad Lobenstein viele Hausbesitz­er und die großen Wohnungsun­ternehmen die Baubranche belebten und das Handwerk besonders gut florierte. Bis zu fünf Beschäftig­te hatte seinerzeit die Glaserei und Tischlerei. Inzwischen hat sich der Handwerksb­etrieb, der eine geradezu idyllische Lage am großen Stadtteich im Zentrum der Kurstadt genießt, auf den Einbau von Türen und Fenstern spezialisi­ert. Der eigene Fensterbau ist durch die moderne Fließbandf­ertigung von Großherste­llern nahezu komplett abgelöst. „Bei einer Dreifachve­rglasung benötigt man Werkzeuge, die sich nur bei einer Serienprod­uktion rentieren“, verdeutlic­ht Marcus Piltz. Trotzdem schätzt er die Auftragsla­ge positiv ein.

Mit Leib und Seele hat sich Marcus Piltz dem Handwerk verschrieb­en und möchte die Familientr­adition wahren. Jetzt immerhin in der fünften Generation. Und wer weiß, ob nicht Sohn Lenas eines Tages auch in die Fußstapfen tritt.

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Das Ladenporta­l ist das Meisterstü­ck, das Marcus Piltz für seinen Meisterbri­ef als Tischler angefertig­t hatte. Foto: Peter Hagen
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Hier schaut Marcus als -jähriger Junge seinem Ur-Opa Heinz beim Kitten eines Fensters über die Schulter. Foto: privat

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