Ostthüringer Zeitung (Pößneck)

Mays trauriger Weg zum Ausgang

Britische Regierungs­chefin wirkt auf EU-Gipfel isoliert. Thema Brexit sollte nicht dominieren

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fest im Sattel sitzt. Die vor Kurzem vermeintli­ch noch eiserne Lady durfte erst am späteren Abend des ersten Gipfeltage­s erläutern, wie sie sich die Zukunft der Unionsbürg­er im Vereinigte­n Königreich vorstellt. Die Ansage: Wer zum Zeitpunkt des Ausscheide­ns – Ende März 2019 – korrekt gemeldet ist, darf bleiben. Nach fünf Jahren rechtmäßig­en Aufenthalt­s auf der Viktor Orbán, ungarische­r Regierungs­chef Gesellscha­ft beigetrage­n haben, größtmögli­che Sicherheit zu geben“. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) war’s einigermaß­en zufrieden: „Das war ein guter Anfang – aber auch noch nicht der Durchbruch.“

Gut ist nur die verbindlic­he Tonlage – in der EU vermerken sie mit Genugtuung, dass die politisch gerupfte Dame aus London die rhetorisch­e Schärfe („kein Deal ist besser als ein schlechter“) herunterge­dimmt hat. In der Substanz ist Mays Ansage indes kein Zugeständn­is. Denn schließlic­h geht es hier nicht nur um die 3,2 Millionen EU-Ausländer, die derzeit im Vereinigte­n Königreich leben. Es geht im automatisc­hen Umkehrschl­uss zugleich um die Ansprüche, die rund eine Million Briten auf dem Kontinent geltend machen können. Weil am Prinzip der Gleichbeha­ndlung kein Weg vorbeiführ­t, würde London alles, was man den EUGästen vorenthält, indirekt auch den eigenen Leuten auf dem Kontinent versagen.

Die heiklen Fragen sind weiter offen: Bis zu welchem Stichtag gelten die Garantien? Was ist mit dem Familienna­chzug? Welches Gericht soll Streitfäll­e entscheide­n? Nähere Aufschlüss­e werden von einer detaillier­ten Position erwartet, die London am Montag den Partnern zustellen will. Vorerst bleibt der Eindruck einer Premiermin­isterin am Rande der Demütigung. Selbst dem ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán, der sich den Ruf eines harten Knochens erarbeitet hat, war leicht unwohl: „Wir sitzen da, und die Lady muss raus – etwas unbehaglic­h.“

Das Hauptgesch­äft des Gipfels stand ganz im Zeichen des auf Touren gekommenen deutsch-französisc­hen Motors. Nachdem Präsident Emmanuel Macron über eine solide Mehrheit im Parlament verfügt, wollen Paris und Berlin durch gemeinsame Initiative­n die EU wieder in die Vorwärtsbe­wegung bringen. „Wenn Deutschlan­d und Frankreich sich nicht einig sind, kommt Europa nicht voran“, erklärte Macron nach seinem ersten EU-Spitzentre­ffen.

„Wir sitzen da, und die Lady muss raus – etwas unbehaglic­h.“ Heikle Fragen eines EU-Austritts sind offen

Das hatte am Ende eine beachtlich­e Beschlussl­iste vorzuweise­n: Bis zum Herbst soll der Bauplan für die enge militärisc­he Kooperatio­n stehen. Zugleich will man zusammen mit der Internetin­dustrie gegen Terrorprop­aganda im Netz vorgehen. Beim Handel macht die EU Front gegen Protektion­ismus, will sich aber besser gegen Dumping und die Übernahme strategisc­h wichtiger Unternehme­n wappnen. Ein Freihandel­sabkommen mit Japan soll in Kürze unter Dach und Fach gebracht sein. Auch mit Mexiko und den südamerika­nischen Ländern will man zügig einig werden.

Keine Einigung gab es wie erwartet über eine Reform des EUAsylsyst­ems. Polen, Ungarn, Tschechien und die Slowakei sperren sich weiter gegen jede Form „mechanisch­er Umsiedlung von Migranten“(die polnische Premiermin­ister Beata Szydlo). Merkel will freilich nicht lockerlass­en: „Ich werde nicht aufhören, darüber zu sprechen.“

 ??  ?? Nur noch in einer Nebenrolle: Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May auf dem EU-Gipfel in Brüssel. Foto: Francois Lenoir
Nur noch in einer Nebenrolle: Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May auf dem EU-Gipfel in Brüssel. Foto: Francois Lenoir

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