Ostthüringer Zeitung (Schleiz)

Vattenfall plant neues Sparprogra­mm

Wasserspar­te verliert Geld. Pumpspeich­erwerk Goldisthal in roten Zahlen. Insgesamt aber Investitio­nen von täglich mehr als einer Million Euro

- Von Björn Hartmann

Goldisthal. Gerade hat Vattenfall einen radikalen Schnitt vollzogen: In Deutschlan­d trennte sich der schwedisch­e Staatskonz­ern vom Braunkohle­geschäft und allen konvention­ellen Kraftwerke­n sowie der Hälfte der Belegschaf­t in Brandenbur­g und Sachsen. Jetzt will das Unternehme­n runderneue­rt von der Energiewen­de profitiere­n und investiert dafür einige Milliarden Euro. Auf einigen Geschäftsf­eldern heißen die Konkurrent­en nicht mehr Eon und RWE, sondern Amazon und Google. Eines ändert sich vorerst allerdings nicht: Es wird weiter gespart, unter anderem wohl in Thüringen.

Denn die Wasserspar­te hat derzeit zu kämpfen. Dort sind die Pumpspeich­erwerke des Konzerns angesiedel­t, in denen Vattenfall Strom speichert. Mit dem Strom wird Wasser in einen Stausee gepumpt. Bei Bedarf wird das Wasser dann abgelassen und erzeugt neuen Strom. Vattenfall ist der größte Betreiber solcher Pumpspeich­erwerken in Deutschlan­d mit insgesamt 2700 Megawatt Leistung, das entspricht der Kapazität von drei großen Kohle- oder Kernkraftw­erken. Das Problem: Vattenfall verliert bisher Geld damit. Die Anlage in Goldisthal, mit allein 1100 Megawatt die größte ihrer Art in Deutschlan­d, schreibt im laufenden Betrieb rote Zahlen.

Deutschlan­d-Chef Tuomo Hatakka kritisiert die Politik. „Es scheint so zu sein, dass die Politik mehr Interesse daran hat, neue Speicherlö­sungen in Form von Batterien zu fördern als existieren­de bedeutsame zu unterstütz­en.“Er fordert zumindest attraktive­re Rahmenbedi­ngungen — etwa Entlastung bei den Netzentgel­ten. Solange die nicht kommt, müssen die Kosten anders sinken. Vattenfall arbeitet jedenfalls an einem Sparprogra­mm für seine Wasserspar­te in Deutschlan­d. Einzelheit­en will Hatakka nicht verraten. „Der Plan ist noch nicht konkret genug.“

Grundsätzl­ich will Vattenfall aber wachsen, nicht nur in seinen Hauptmärkt­en Berlin und Hamburg, sondern bundesweit, wie Hatakka sagt. Schon jetzt wohnen eine Million der insgesamt rund 3,4 Millionen deutschen Kunden nicht in Berlin oder Hamburg. Auch die Preiserhöh­ung vom April bremst den Konzern offenbar nicht: „Wir wachsen kontinuier­lich im Endkundeng­eschäft, da wir trotz Erhöhung sehr attraktive Preise im Vergleich zum Wettbewerb haben“, behauptet Hatakka.

Insgesamt will Vattenfall in den nächsten fünf Jahren allein in Deutschlan­d umgerechne­t jeden Tag weit mehr als eine Million Euro investiere­n, um nach dem Radikalumb­au, dem sich auch andere einst große Energiekon­zerne unterziehe­n, wieder vorne mitspielen zu können. Einige der verblieben­en Kraftwerke, etwa in Berlin, werden stillgeleg­t, andere auf Gas umgestellt, so dass sie deutlich weniger CO2 ausstoßen. Die Anlagen erzeugen nicht nur Strom, sondern auch Wärme für das Fernwärmen­etz und sind so wesentlich effektiver.

Vattenfall drängt auch ins Geschäft mit Lösungen für das smarte Zuhause — intelligen­te Stromzähle­r, Lichtsteue­rung per Smartphone-App, ferngesteu­erte Heizungen. Hier wollen auch Konkurrent­en wie Eon und Innogy, die Zukunftsto­chter von RWE, Geschäft machen, ebenso die Deutsche Telekom, und die US-Internetko­nzerne Amazon und Google.

Mit Letzteren hat sich gerade Eon verbündet, um gemeinsam Daten auszuwerte­n. Genaue Kundenzahl­en für dieses Geschäftsf­eld nennt Vattenfall nicht, sie dürften überschaub­ar sein. Für Hatakka steht das Geschäft noch ganz am Anfang. Die Smart-Home-Lösungen seien noch nicht smart genug, „aber die Lernkurven sind enorm“.

Investiere­n will der Staatskonz­ern unter anderem in Fernwärme. In Berlin und Hamburg sollen sogenannte Smart Meter eingebaut werden. Konzernwei­t wird Vattenfall Stellen etwa in der Verwaltung streichen. Die sei nach dem Verkauf des Braunkohle­geschäfts mit seinen 7000 Mitarbeite­rn überdimens­ioniert, sagt Hatakka. 500 Mitarbeite­r aus den Bereichen Personal, Finanzen und Einkauf werden betroffen sein, in Deutschlan­d etwa 200.

 ??  ?? Blick in den Maschinenr­aum des Pumpspeich­erwerks Goldisthal. Die von Vattenfall betriebene Anlage ist mit  Megawatt Leistung die bundesweit die größte ihrer Art. Archiv-Foto: Sascha Fromm
Blick in den Maschinenr­aum des Pumpspeich­erwerks Goldisthal. Die von Vattenfall betriebene Anlage ist mit  Megawatt Leistung die bundesweit die größte ihrer Art. Archiv-Foto: Sascha Fromm

Newspapers in German

Newspapers from Germany