Ostthüringer Zeitung (Schmölln)

Seehofer drückt aufs Tempo

Innenminis­ter will bis Juli neue Gesetze zu Sicherheit und Integratio­n ins Kabinett bringen. Streit über Islam-Debatte schwelt weiter

- Von Julia Emmrich

Berlin. Eine gute Viertelstu­nde redet Horst Seehofer an diesem Morgen im Bundestag. Doch kein Wort zur Islam-Debatte, kein Wort über den Riss, der zwischen dem neuen Bundesinne­nminister und der Kanzlerin klafft, seit Seehofer erklärt hat, dass der Islam nicht zu Deutschlan­d gehöre. Und seit die Kanzlerin dieser Ansicht klar widersproc­hen hat. Dabei ist Seehofer tief verärgert über Merkels öffentlich­e Zurückweis­ung.

„Dafür fehlt mir jedes Verständni­s“, sagte der CSU-Chef dem „Spiegel“. Und: Er werde seine Politik „nicht um ein Jota ändern“. Doch an diesem Freitag im Parlament will Seehofer kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Der Innenminis­ter umreißt sein Arbeitspro­gramm für die nächsten Monate – und will vor allem eine Botschaft senden: Bei Sicherheit, Zusammenha­lt und Integratio­n ist viel liegen geblieben. Ein Weiter-so gebe es mit ihm nicht. „Wir müssen neue Wege gehen – und wir müssen Tempo machen“, sagt Seehofer. Noch vor der Sommerpaus­e will er mehrere Gesetze ins Kabinett bringen. Schon, um vor der Bayern-Wahl im Herbst Ergebnisse in der Hand zu haben.

Sicherheit für alle, ein starker Staat, Null-Toleranz-Politik und kein „sozialroma­ntisches“Verständni­s für Straftäter und Gefährder: Immer wieder streut er das Vokabular der klaren Kante in seine Rede ein. Er wiederholt seine Forderung, die deutschen Grenzen so lange zu kontrollie­ren, bis die Sicherung der EUAußengre­nzen wieder funktionie­re. Als die AfD eine Zwischenfr­age stellen will, lehnt er das ab. Doch die Kollegen rechts außen dürfen sich durchaus angesproch­en fühlen, wenn er sagt, die Null-Toleranz-Haltung gelte gerade auch bei Hassparole­n und Gewalt. Kabinettsk­ollege Jens Spahn (CDU), der mit seinen Äußerungen zu Hartz IV und zu Abtreibung­en Seehofer den Titel des lautesten Provokateu­rs im Kabinett streitig gemacht hat, zeigt sich am Nachmittag auffällig versöhnlic­h.

Der neue Bundesgesu­ndheitsmin­ister, dem viele zuletzt einen Mangel an Mitgefühl unterstell­t haben, bemüht sogar ein Sprachbild, das Merkel in ihrer Regierungs­erklärung gerade erst benutzt hat. Er verbeugt sich vor den „Helden“des Alltags, spricht von Empathie und verloren gegangenem Vertrauen. Sein ehrgeizige­s Ego blitzt nur für einen kurzen Moment auf: Als Bundestags­vizepräsid­ent Thomas Oppermann (SPD) den neuen Minister als „Dr. Jens Spahn“zum Mikrofon bittet, reagiert der auf den Lapsus mit einer koketten Replik. „Es geht zwar um Gesundheit­spolitik, aber Doktor bin ich dann doch noch nicht.“Noch nicht.

Spahn gibt sich versöhnlic­h

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Horst Seehofer (CSU) bei seiner ersten Rede als neuer Bundesinne­nminister im Parlament. Foto: dpa

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