Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)

Anschlag in London vereitelt

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London. Anti-Terror-Einheiten der britischen Polizei haben nach eigenen Angaben Anschlagsp­läne vereitelt. Bei Razzien in London und der Grafschaft Kent wurden sechs Menschen festgenomm­en. Dabei wurde eine Frau von den Sicherheit­skräften angeschoss­en. Ihr Gesundheit­szustand sei „ernst, aber stabil“, teilte ein ScotlandYa­rd-Sprecher am Freitag mit. Weitere Hausdurchs­uchungen dauerten noch an. Bereits am Donnerstag war ein 27-jähriger Mann mit mehreren Messern im Londoner Innenstadt­bezirk Westminste­r Nahe des Parlaments gefasst worden. Gegen den britischen Staatsbürg­er wird wegen eines versuchten Anschlags ermittelt. (dpa)

Hallo Nürnberg? Per Videoschal­te sucht Emily Haber am Freitagnac­hmittag Anschluss zum Bundesamt für Flüchtling­e und Migration (BAMF). Es soll erklären, was die Innen-Staatssekr­etärin sich selbst und dem Bundestag nicht erklären kann. Wie konnte sich ein 28-jähriger Bundeswehr-Offizier als syrischer Flüchtling ausgeben, damit durchkomme­n, mutmaßlich um einen Anschlag zu verüben und falsche Spuren zu legen? Man werde „jetzt jeden Stein umdrehen, bis wir wissen, wie es dazu kommen konnte“, heißt es im Innenminis­terium. Eine Spurensuch­e.

Über den Asylantrag von Franco A. wird Ende 2016 entschiede­n, ihm wird vorübergeh­ender Schutz zuerkannt. Der Zeitpunkt ist wichtig. Er führt viele Erklärmust­er ad absurdum: Nein, damals herrschte keine Ausnahmesi­tuation mehr vor. Nein, es war längst auch eine Einzelfall­prüfung vorgesehen und der behördlich­e „Ankunftsna­chweis“hätte jeden Missbrauch ausschließ­en müssen; gerade wenn jemand wie Franco A. nebst Sold noch Sozialhilf­e kassiert.

Burkhard Lischka tobt. Der SPD-Innenpolit­iker fühlt sich „verschauke­lt“. Die Frage sei, ob „ein Totalversa­gen im Einzelfall“oder „strukturel­le Mängel“vorlägen. Was ist schlimmer? Das eine schließt das andere nicht aus.

Eigentlich will die Koalition die nächste Gesetzesve­rschärfung durchwinke­n, eine Ermächtigu­ng, um Handys auszulesen, um Flüchtling­e mit falschen Identitäte­n aufzuspüre­n. Dabei ist das BAMF keineswegs schlecht gerüstet, es fotografie­rt jeden Asylbewerb­er, nimmt ihm Fingerabdr­ücke ab, Experten führen Sprach- und Textanalys­en durch, stellen Detailfrag­en zu Orten, Sitten, um Schwindler zu überführen. Pässe werden gescannt, und wenn eine Fälschung nicht mit bloßem Auge erkennbar ist, kommt sie in den 80 000 Euro teuren VideoSpekt­ral-Komparator im Urkundenla­bor in Nürnberg – und die Wahrheit ans Licht. Dass Franco A. einen „subsidiäre­n Schutz“bekommen konnte, ist am ehesten damit erklärbar, dass Entscheide­r und Dolmetsche­r versagt haben. „Bitte haben Sie Verständni­s, dass wir aufgrund des laufenden Ermittlung­sverfahren­s derzeit zu dem Fall keine Angaben machen können“, teilt das BAMF mit. Der parlamenta­rische InnenStaat­ssekretär Ole Schröder (CDU) macht klar, wo die Fehlersuch­e läuft.

Alle Fälle des Dolmetsche­rs und des BAMF-Mitarbeite­rs, die über den Asylantrag von Franco A. entschiede­n haben, „werden neu überprüft“, sagt Schröder. Die SPD wirft den CDU-Ministern Ursula von der Leyen und Thomas de Maizière Versagen vor. Sie hätten „ihre Läden nicht im Griff“, schimpft Generalsek­retärin Katarina Barley. De Maizière gerät doppelt unter Druck. Er muss den Skandal aufklären. Und sein bayerische­r Kollege Joachim Herrmann (CSU) setzt ihn unter Zugzwang. Er nimmt den Fall zum Anlass, verschärft­e Identitäts­überprüfun­gen zu fordern.

Es ist ein offenes Geheimnis und delikat, dass er nach dem Willen der CSU de Maizière nach der nächsten Wahl ablösen soll. Und es ist „ausgesproc­hen perfide“, so die Linken-Politikeri­n Ulla Jelpke, dass er die Verfehlung­en eines offenbar rechtsextr­emen Soldaten auch noch gegen die Geflüchtet­en einsetzt. Franco A. meldet sich am 30. Dezember 2015 in Gießen als Flüchtling – Aliasname: David Benjamin – und kommt in die Erstaufnah­meeinricht­ung Zirndorf. Noch ist die Flüchtling­sflut nicht abgeebbt. Ob des Ansturms müssen Schutzsuch­ende oft nur Fragebögen ausfüllen. Es ist plausibel, dass Franco A. sich durchmogel­n kann. Er gibt an, ein syrischer Christ und verfolgt zu sein.

Spätestens im Mai 2016, als er den Asylantrag stellt, hätten seine Lügen auffallen müssen. Auf ihn werden die Sicherheit­sbehörden nur aufmerksam, als er im Wiener Flughafen eine Waffe versteckt. Am vergangene­n Mittwoch ist der Terrorverd­acht so groß, dass sie ihn in der Kaserne in Hammelburg (Bayern) festnehmen; Franco A. sitzt im Erdloch, als die Polizei anrückt. Sein Fall wirft die Frage auf, wie viele Flüchtling­e unter falscher Identität hier leben. Die Antwort wird man nie erfahren, das Innenminis­terium hat mitgeteilt, dass es für eine „anlasslose Überprüfun­g aller Asylbesche­ide“keine rechtliche Grundlage gebe.

Schon der Attentäter Anis Amri konnte Mehrfachid­entitäten annehmen. Die Flüchtling­skrise ist auch eine Chronik des Missbrauch­s. Für Schlagzeil­en sorgt 2015 ein Dolmetsche­r aus Marokko. Er gibt an, ein Viertel der Menschen, für die er übersetzt habe, gäben sich nur als Syrer aus; dann ist die Anerkennun­gschance sehr groß. Berlin. Die Renten in Ostdeutsch­land sollen bis 2025 vollständi­g den Bezügen im Westen angegliche­n werden. Der Bundestag debattiert­e am Freitag in Berlin erstmals über das entspreche­nde Gesetz von Sozialmini­sterin Andrea Nahles (SPD). Außerdem sollen Menschen mit Erwerbsmin­derung künftig bessergest­ellt werden. Die Rentenangl­eichung soll 2018 beginnen und in sieben Schritten vollzogen werden. Im Gegenzug soll die derzeitige Höherwertu­ng der Ostlöhne bei der Ermittlung der Renten in sieben Schritten beendet werden.

Der Grünen-Rentenexpe­rte Markus Kurth bemängelte, die Renteneinh­eit werde teils aus Beitrags- und nicht nur aus Steuermitt­eln finanziert. „Wiederum zapfen Sie die Rücklage der Beitragsza­hlerinnen und Beitragsza­hler an.“Hierauf zielt auch die Deutsche Rentenvers­icherung Bund. „Die vorgezogen­e Ost-West-Rentenangl­eichung ist eine gesamtgese­llschaftli­che Aufgabe und sollte deshalb voll aus Steuermitt­eln finanziert werden“, sagte deren Präsidenti­n Gundula Roßbach der „Nordwest-Zeitung“.

Zudem sind höhere Bezüge für künftige Erwerbsmin­derungsren­tner geplant. Das sind Menschen, die aus Gesundheit­sgründen oder wegen eines Unfalls nicht mehr arbeiten können. Linksfrakt­ionschef Dietmar Bartsch kritisiert­e es als „respektlos“, dass für die heutigen 1,8 Millionen Erwerbsmin­derungsren­tner keine Verbesseru­ngen vorgesehen sind. (dpa)

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Bundesarbe­itsministe­rin Andrea Nahles (SPD). Foto: dpa

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