Ostthüringer Zeitung (Zeulenroda-Triebes)
Dummheit im Dienst
Man stelle sich vor, der FC Bayern müsste vor dem Abend-Hit gegen Dortmund am nächsten Sonnabend nachmittags noch in der Champions League ran. Das wäre natürlich veritabler Blödsinn.
Im Handball wird der Blödsinn heute Wirklichkeit. Im Kalender des deutschen Meisters Rhein-Neckar Löwen steht für 16 Uhr das Champions-LeagueAchtelfinale in Kielce und um 18.10 Uhr das Bundesliga-Topspiel in Kiel. Könnte knapp werden. Also schicken die Mannheimer ihre Reserve aus Liga drei nach Polen – die Meisterschaft ist für sie das reellere Ziel.
Als die Bundesliga den Termin im Herbst festlegte, weil am fußballfreien Wochenende die Live-Übertragung in der ARD lockte, war das Drama schon absehbar. Trotzdem blieb man dabei. Auch der Europäische Verband EHF war zu keinem Einlenken bereit, weil er den oft gehörten Vorwurf, er sei zu deutschlandfreundlich, nicht bedienen wollte. Das bizarre Dominospiel wirkt sich letztlich bis in die Niederungen der 3. Liga aus. Dort mussten die Löwen gestern Abend gegen den TV Neuhausen mangels Masse ihre A-Jugend-Mannschaft aufs Parkett schicken.
Natürlich hat diese einzigartige Posse nicht nur mit Fairplay nichts zu tun. Sie widerspricht jeder elementaren Idee sportlichen Wettbewerbs. Es wäre die Pflicht von HBL und EHF gewesen, Lösungen zu finden. Wer eine solche Eskalation sehenden Auges zulässt, offenbart, worum es eigentlich geht: um Einschaltquoten, um Geld, um Eitelkeiten. Und er muss sich den Pranger der Lächerlichkeit gefallen lassen. Wegen fahrlässigen Umgangs mit dem Ansehen einer ganzen Sportart. Oder, um es mit dem unvergessenen Barden Ulrich Rosky zu sagen: wegen Dummheit im Dienst.