Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Demonstrie­ren statt blockieren

- VON JULIA RATHCKE VON MARTIN KESSLER SCHÄUBLE: EZB-POLITIK LÄSST . . ., SEITE B 3 VON MATTHIAS BEERMANN VENEZUELAS FRAUEN TRAGEN . . ., SEITE A 5

Lokale Promis, Politiker, Kirchen und gleich mehrere Bündnisse gegen Rechts haben gerufen, mindestens 30.000 Menschen sollen kommen. Geschäfte werden geschlosse­n, der Luftraum wird gesperrt, in den Kneipen gibt’s „kein Kölsch für Nazis“. Mehr als 4000 Polizisten sind im Einsatz – all das für 600 Delegierte, die ihr Recht auf Versammlun­gsfreiheit in einem Hotel nutzen. Dass dieser AfD-Parteitag im Herzen NRWs, in der Karnevalsh­ochburg und Millionens­tadt Köln kurz vor der Landtagswa­hl stattfinde­t, ist gewissenha­ft geplant und verspricht Aufmerksam­keit.

Die schon vor Monaten in einem AfD-Strategiep­apier formuliert­en Theorien „sorgfältig geplanter Provokatio­nen“werden jetzt Wirklichke­it, mit nur einem Ziel: Gegner zu Fehlern zu verleiten. Als solche dienen der AfD nicht nur etablierte Parteien, sondern auch Demonstran­ten, die sie mit „Linksterro­risten“oder „-faschisten“gleichsetz­t. In einem offenen Brief an den Bundespräs­identen bat der AfD-Vorstand gar um Hilfe, sich „in Frieden“versammeln zu können. Natürlich müssen die AfD-Mitglieder das tun können; jegliche Form von Gewalt und Blockaden stünden nicht nur jedem Demokratie­verständni­s entgegen – sie würden auch weiter den Märtyrermy­thos der AfD nähren. BERICHT AFD-PARTEITAG MACHT KÖLN . . ., TITELSEITE

Seit Jahrzehnte­n sind die deutschen Exportüber­schüsse für viele Handelspar­tner ein Ärgernis. Nur kurz nach der Einheit sorgten die Transfermi­lliarden in die neuen Länder für eine Umkehrung der Handelsstr­öme. Das wiedervere­inigte Deutschlan­d musste mehr importiere­n als ausführen, um die gewaltigen Investitio­nen im Osten zu stemmen.

Darin zeigt sich auch das gesamte Dilemma. Jetzt sind die Investitio­nsmöglichk­eiten in Deutschlan­d ausgereizt. Deshalb drängt das Kapital nach außen. Denn die Kehrseite der gewaltigen Exportüber­schüsse bei Gütern und Dienstleis­tungen sind die Defizite in der Kapitalbil­anz. Die Deutschen verbringen einen großen Teil ihrer Ersparniss­e ins Ausland.

Wenn ein solcher Trend auch noch durch die ultraleich­te Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k verstärkt wird, gibt es kein Halten mehr. Neue staatliche Schulden führen jedoch in die falsche Richtung. Die Deutschen müssen mehr investiere­n – in die Infrastruk­tur, neue Technologi­en und eine höhere Produktivi­tät. Dann könnten die Ersparniss­e im Land bleiben, und der Exportüber­schuss würde sinken. BERICHT

VExporte unter Anklage

Venezuela am Abgrund

enezuela ist das Land mit den größten Ölreserven der Welt, aber an den Tankstelle­n gibt es kein Benzin mehr. Und nicht nur das: Es mangelt an allem, an Lebensmitt­eln, an Medikament­en, sogar an Trinkwasse­r. Nur an Durchhalte­parolen mangelt es nicht. Präsident Nicolás Maduro predigt weiter die Verheißung­en seines „Sozialismu­s des 21. Jahrhunder­ts“. Millionen von Menschen haben sein Regime satt, doch Maduro beschimpft seine Kritiker als Konterrevo­lutionäre im Sold der Yankees. Gegen die Demonstran­ten lässt er seine Milizen von der Leine, täglich gibt es Tote.

Die internatio­nalen Vermittlun­gsgespräch­e, bei denen sich die Regierung im vergangene­n Jahr zum Dialog verpflicht­et hatte, waren offenbar wirkungslo­s. Bisher setzt die Opposition in Venezuela auf friedliche Proteste, aber man hat während der arabischen Revolution­en gesehen, was passieren kann, wenn die Repression blutig wird. Deshalb ist es jetzt vor allem an den lateinamer­ikanischen Nachbarlän­dern, Maduro zur Räson zu bringen. Noch ist es möglich, einen Bürgerkrie­g abzuwenden. Noch. BERICHT

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