Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Trump: „Die Deutschen sind schlecht, sehr schlecht“

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

Der US-Präsident sorgt mit drastische­r Kritik an den deutschen Handelsübe­rschüssen für Irritation­en in Europa. Auch beim Nato-Gipfel und beim G7-Treffen auf Sizilien gab es Verstimmun­g.

BRÜSSEL/TAORMINA US-Präsident Donald Trump hat seine Kritik am deutschen Exportüber­schuss mit drastische­n Worten bekräftigt und tiefe Verstimmun­g bei den europäisch­en Bündnispar­tnern ausgelöst. Bei einem Gespräch mit EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel hatte Trump am Donnerstag die Deutschen wegen ihrer Exportüber­schüsse als „bad, very bad“(schlecht, sehr schlecht) bezeichnet. „Schauen Sie sich die Millionen von Autos an, die sie in den USA verkaufen. Fürchterli­ch. Wir werden das stoppen“, soll Trump laut Teilnehmer­n gesagt haben. Die Handelspol­itik war neben der Klimapolit­ik auch Streitthem­a mit Trump beim Treffen der Staats- und Regierungs­chefs der sieben führenden Industriel­änder (G7), das heute im sizilianis­chen Taormina endet.

Im vergangene­n Jahr exportiert­e Deutschlan­d Waren im Wert von 107 Milliarden Euro in die USA, importiert­e von dort aber nur in einer Größenordn­ung von 58 Milliarden. Trump ist das ein Dorn im Auge. Immer wieder drohte er Strafzölle auf Einfuhren ausländisc­her Waren an.

An der Börse drückten die Äußerungen des US-Präsidente­n auf die Aktien deutscher Autobauer. Außenhande­lspräsiden­t Anton Börner wies die US-Kritik scharf zurück. „Trump wird mit dieser Anti-HandelsLin­ie gnadenlos scheitern“, sagte er unserer Redaktion. Die USA würden sich damit nur ins eigene Fleisch schneiden. „Es ist nicht unser Problem, wenn unsere Produkte attraktive­r sind als viele andere“, sagte Börner.

Trumps Sprecher Sean Spicer, sein Wirtschaft­sberater Gary Cohn wie auch Juncker bestätigte­n, dass sich Trump über die deutschen Handelsübe­rschüsse beschwert habe. Einen „Spiegel-Online“-Bericht, in dem das Zitat des Präsidente­n mit „böse, sehr böse“übersetzt wurde, wies Spicer als falsch zurück. Nach Darstellun­g Cohns sagte Trump, die Deutschen seien beim Handel sehr schlimm. „Aber er hat kein Problem mit Deutschlan­d.“

Am Rande des G7-Gipfels vereinbart­en Angela Merkel und Trump eine Arbeitsgru­ppe, die sich mit den aktuellen Handelsfra­gen beschäftig­ten soll, sagte die Bundeskanz­lerin. Details sollten noch einmal intensiv ausgetausc­ht werden, um vielleicht zu „spezifisch­eren Positionen“zu kommen.

Auch bei einem Spitzentre­ffen der Nato-Partner am Donnerstag hatte Trump nach Angaben von Diplomaten „großen Schaden“angerichte­t. Statt des so wichtigen Bildes der Geschlosse­nheit, habe man den Eindruck eines gespaltene­n Bündnisses vermittelt.

Trump hatte bei dem Nato-Gipfel sein Grußwort zu einer Denkmalent­hüllung genutzt, um aggressiv Kritik an Partnern wie Deutschlan­d zu üben – ein klarer Verstoß gegen das ungeschrie­bene Gesetz der Allianz, nach außen Einigkeit zu demonstrie­ren. „23 der 28 Mitgliedss­taaten zahlen immer noch nicht das, was sie zahlen sollten – und was sie für ihre Verteidigu­ng ausgeben sollten“, sagte er bei dem Treffen.

Merkel nahm zu Trumps Äußerungen nicht direkt Stellung. Sie verwies darauf, dass Deutschlan­d weiter zum Zwei-Prozent-Ziel der Nato stehe. Dieses sieht vor, dass alle Länder darauf „abzielen“sollen, spätestens von 2024 an zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) für Rüstung und Militär auszugeben. Wer die zwei Prozent nicht erreicht, muss allerdings nicht mit einer Strafe rechnen. Die USA gaben im vergangene­n Jahr knapp 680 Milliarden US-Dollar für Verteidigu­ng aus, was in etwa 3,6 Prozent des BIP entsprach. Deutschlan­d liegt derzeit bei etwa 1,23 Prozent des BIP.

Das Debakel um die Äußerungen des US-Präsidente­n stürzt die G7Gruppe der Industriel­änder in eine schwere Krise. Auch beim Auftakt des Gipfels in Taormina blieb Trump auf Konfrontat­ionskurs. In der Klima- und Handelspol­itik zeichnete sich keine gemeinsame Linie ab. Offen ist, ob sich die G7 nach den zweitägige­n Beratungen in ihrem Abschlussd­okument – wie in der Vergangenh­eit – heute klar für freien Handel und gegen Protektion­ismus ausspreche­n. Wegen der anhaltende­n Blockade der Trump-Administra­tion scheiterte Gastgeber Italien auch mit dem Vorstoß für einen umfassende­n Plan zur Bewältigun­g der Flüchtling­skrise. Leitartike­l Stimme des Westens

Politik

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany