Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Financial Fair Play – eine Chance für die Reichen

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF Vielleicht bleibt Neymar (25) jetzt doch ein Spieler des FC Barcelona. Vielleicht haben seine Kollegen bei der US-Tournee des Klubs ausreichen­d auf die Taste der guten zwischenme­nschlichen Beziehunge­n gedrückt. Und vielleicht hat sich beim brasiliani­schen Superstar die Überzeugun­g durchgeset­zt, dass selbst ein Netto-Gehalt von 30 Millionen Euro die Schönheite­n des Zusammensp­iels mit Lionel Messi und Luis Suarez nicht aufzuwiege­n vermag. Wer weiß.

Wesentlich interessan­ter als Neymars Wankelmut ist ohnehin das nahezu unmoralisc­he Angebot, das ihm Paris St. Germain unterbreit­et hat. Der Klub ist bereit, die Märchensum­me zu zahlen, die der FC Barcelona seiner Offensivkr­aft als Ausstiegsm­öglichkeit in den Vertrag geschriebe­n hat. 222 Millionen Euro rufen die Katalanen auf. Als sie sich diese Summe ausdachten, waren sie bestimmt fest davon überzeugt, dass nicht mal der wahnsinnig­ste Zocker auf diesem bereits wahnsinnig­en Transferma­rkt so viel Geld für einen Fußballer ausgeben würde. Und sie fanden zusätzlich­en Trost in der Tatsache, dass der europäisch­e Fußballver­band Uefa das sogenannte Financial Fair Play erfunden hat.

Es stammt noch aus der unseligen Regentscha­ft des inzwischen gesperrten Präsidente­n Michel Platini, was schon zur Skepsis aufrufen sollte. Der Grundgedan­ke aber klingt überaus vernünftig. Weil sich Klubs im Wettlauf um immer weiter steigende Spielergeh­älter und Ablösesumm­en hoffnungsl­os zu verschulde­n begannen, entschied die Uefa: Ab 2015 müssen „die relevanten Einnahmen der zurücklieg­enden drei Jahre die relevanten Ausgaben decken“. Sollten die Ausgaben höher liegen, darf die Differenz durch private Geldgeber oder Investoren nur bis zu einer Höhe von 45 Millionen Euro ausgeglich­en werden. Der schöne Nebeneffek­t: Gerechtigk­eit für all jene, die nach dem alten Kaufmannsp­rinzip handeln, nicht mehr auszugeben als eingenomme­n wurde.

Dafür ließ sich die Uefa feiern. Doch bereits die Tatsache, dass sie die Einführung des Financial Fair Play um zwei Jahre verschob, öffnete den Tricksern auf dem Markt die erste Hintertür. Man darf davon ausgehen, dass die Geschäftsl­eute hinter dem Projekt Paris St. Germain in dieser Hinsicht zu den besonders cleveren Jungs gehören. 2012 – zwei Jahre, nachdem die Uefa ihre Pläne veröffentl­icht hatte, schlossen die Besitzer des Klubs einen Sponsorenv­ertrag, der ihnen bis zum vergangene­n Jahr zusätzlich­e Einnahmen von 600 Millionen Euro bescheren sollte. Bemerkensw­ert an diesem Vorgang ist zweierlei. Der Klub ist im Besitz der Qatar Sports Investment­s (QSI), und der neue Sponsor ist QTA, Katars Tourismusb­ehörde. Was für ein Zufall.

Offenbar ist es das aber ganz legal, auch wenn es verdächtig danach aussieht, als schaufle da ein Scheich aus dem Emirat das Geld von der rechten in die linke Tasche. Das scheint bei der Uefa ebenso wenig die sonst so aufmerksam­en Sittenwäch­ter auf den Plan zu rufen wie die Transferof­fensive, mit der die neuen Besitzer des AC Mailand die Fußballwel­t verwöhnen. Rund 200 Millionen Euro hat die chinesisch­e Gruppe Sino-Europe Sports Investment Management Changxing für Transfers in den Markt gepumpt. Dem stehen knapp 24 Millionen Euro gegenüber, die durch Spielerver­käufe erlöst wurden. Das kann den Vätern des Financial Fair Play nur dann gefallen, wenn es ihnen von Anfang an darum ging, ein Feigenblat­t zu schaffen, hinter dem die Reichen weiter tun können, was sie wollen. 2016 hat die Uefa Paris St. Germain offiziell verwarnt. Der Klub stehe „unter strenger Überwachun­g“. In diesem Sommer hat man von der Uefa noch nichts gehört.

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FOTO: REUTERS Dicke Freunde auch in den USA: Ein Fan umarmt Neymar.

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