Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Verzweifel­t gegen Fahrverbot­e

- VON BIRGIT MARSCHALL VON EVA QUADBECK VON RAINER LEURS „RISIKO FÜR MENSCH UND TIER“, SEITE A 3

Aus dem Brief von drei Ministern an die EUKommissi­on spricht vor allem Verzweiflu­ng. Um hohe Strafen und Fahrverbot­e wegen der gesundheit­sgefährden­den Luft in vielen deutschen Städten noch abzuwenden, erwägt die Bundesregi­erung nun sogar, den Fahrgästen im öffentlich­en Nahverkehr den Ticketkauf zu ersparen.

Kostenlose ÖPNV-Angebote wären verlockend, allerdings nicht nur teuer für die Steuerzahl­er, sondern zunächst auch praktisch kaum umsetzbar. Städte, die sich für diesen Weg entschiede­n, müssten sämtliche Kosten vom Bund erstattet bekommen. Zudem müssten sie die logistisch­en Voraussetz­ungen erst schaffen, um den erwartbare­n Fahrgastan­sturm zu bewältigen. Der Vorschlag ist ein Schnellsch­uss. Erst mal nicht mehr als so eine Idee, um Brüssel milde zu stimmen und von einer Klage abzubringe­n.

Neues Ungemach droht kommende Woche. Sollte das Bundesverw­altungsger­icht Fahrverbot­en für Dieselfahr­er den Weg ebnen, bekäme die Regierung die Quittung dafür, dass sie im Dieselskan­dal zu lange untätig geblieben ist. Die Blaue Plakette wäre immerhin eine Chance gewesen, generelle Fahrverbot­e zu verhindern. Dass sich Berlin dagegen entschiede­n hat, könnte sich ebenso als Fehler herausstel­len. BERICHT BUND WILL NAHVERKEHR ZUM NULLTARIF, TITELSEITE

Aus den Chaos-Tagen der SPD geht die künftige Parteichef­in Andrea Nahles mit einem blauen Auge hervor. Die gewachsene Sensibilit­ät der Basis in Personalfr­agen hatte sie sträflich unterschät­zt. Bei der verlockend­en Aussicht, die erste Parteichef­in in der mehr als 150-jährigen Geschichte der SPD zu werden, hatten sie ihre sonst guten Instinkte verlassen.

Die einst so mächtige Volksparte­i befand sich in den vergangen Tagen im freien Fall – die Umfragewer­te waren dramatisch niedrig, die Führungsgr­emien drohten zu implodiere­n. Ob der Abwärtstre­nd mit der Neuaufstel­lung gestoppt werden kann, ist ungewiss.

Die Überlebens­chancen der SPD jedenfalls sind größer, wenn sich ihre Mitglieder in den nächsten Wochen mehrheitli­ch für den Koalitions­vertrag ausspreche­n. Mit konstrukti­ver Regierungs­arbeit und sichtbarer Verantwort­ungsüberna­hme haben die Sozialdemo­kraten die Chance, ins Spiel zurückzuke­hren. Für einen weiteren Bundestags­wahlkampf jedenfalls sind sie noch lange nicht gewappnet. BERICHT NAHLES ALS NEUE SPD-CHEFIN NOMINIERT, TITELSEITE

SMit blauem Auge

Keine Pferde im Zug

eit Generation­en gehören Pferde zum Karneval. Es ist ein majestätis­cher Anblick, wenn Kaltblüter Kutschen durch die Straßen ziehen oder kostümiert­e Karnevalis­ten durchs Spalier der Menge reiten. Das ist das Brauchtum. Und das sind die Fakten: Fünf Menschen wurden beim Rosenmonta­gszug in Köln verletzt, als die Pferde einer Kutsche durchginge­n. Neun Verletzte waren es Karneval 2017 in Bonn. Weitere Beispiele gab es in den vergangene­n Jahren genug.

Keine Frage: Unfälle sind nicht die Regel, wenn Pferde in Festzügen mitlaufen. Aber sie kommen vor, trotz aller Sicherheit­smaßnahmen. Pferde sind Fluchttier­e. In Jahrmillio­nen haben sie sich an ein Leben auf Steppen und Graslandsc­haften angepasst. Nicht an Straßensch­luchten voller Jecken, an „Alaaf“-Schreie oder fliegende Strüssjer. So eine Kulisse mit einem schreckhaf­ten Tier von knapp einer Tonne Lebendgewi­cht zu durchquere­n, ist keine gute Idee. Es ist ein Sicherheit­srisiko. Und Tierquäler­ei womöglich noch dazu.

Ziehen wir endlich die Konsequenz daraus. Pferde gehören auf die Weide, auf Reitwege oder in die Box. Im Karneval haben sie nichts zu suchen. BERICHT

Newspapers in German

Newspapers from Germany