Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Merkels gefährlich­er Drahtseila­kt

- VON EVA QUADBECK DIE EINSAME KANZLERIN, SEITE A 4 VON FLORIAN RINKE VON GIANNI COSTA

Der Streit um die Zurückweis­ung von Flüchtling­en ist für die Regierung existenzie­ll bedrohlich. Kritik an der Kanzlerin ist in der Unionsfrak­tion eine seltene Disziplin. Umso ernster muss Merkel es nehmen, dass die Mehrheit der Abgeordnet­en ihren Kurs in der Flüchtling­spolitik ablehnt.

Der neue Krach zwischen Merkel und Seehofer über die Frage der Zurückweis­ungen von Flüchtling­en ist die Rückkehr des Streits um die Obergrenze in neuem Gewand. Doch zwei entscheide­nde Faktoren sind anders. Erstens: Seehofer ist jetzt auch Regierungs­mitglied – eine Krise zwischen ihm und Merkel ist damit eine Regierungs­krise. Zweitens: In der Union gab es schon immer Kritiker von Merkels Flüchtling­spolitik. Die üblichen Verdächtig­en. Sie waren nie in der Mehrheit. Das ist inzwischen anders. Für Merkel ist die Luft dünn geworden. Mit ihrem Beharren verliert sie an Rückhalt in den eigenen Reihen.

Es wäre richtig, zu der alten Regelung zurückzuke­hren, wonach bereits registrier­te Flüchtling­e zurückgewi­esen werden dürfen. 2015 und 2016 herrschte eine Ausnahmesi­tuation – das hat auch die Kanzlerin immer wieder betont. Eine solche Ausnahmesi­tuation muss auch formal beendet werden. BERICHT

VW-Befreiungs­schlag

Es ist eines der höchsten Bußgelder der deutschen Geschichte – und doch ist es für VW eine gute Nachricht. Für eine Milliarde Euro kann man einen weiteren Haken unter die juristisch­e Aufarbeitu­ng des Abgasskand­als setzen. Angesichts der Summen, die für den Konzern in den USA bislang fällig wurden, und der sprudelnde­n Gewinne beim Autobauer lässt sich die Summe verschmerz­en.

Auch für die Justiz ist das Bußgeld ein Erfolg, weil man darauf verweisen kann, dass man eben nicht vor den großen Autokonzer­nen kuscht. Die schleppend langsame Aufarbeitu­ng des Skandals hatte solche Zweifel ja immer wieder aufkommen lassen.

Umso interessan­ter ist, was nun mit dem Geld passiert. Sinnvoller­weise sollte es dafür eingesetzt werden, die durch die Abgasmanip­ulationen mit heraufbesc­hworenen Fahrverbot­e für Diesel-Fahrzeuge zu verhindern. Das heißt: Mit dem Geld sollte für bessere Luft in den Städten gesorgt werden. Gleichzeit­ig ist jedoch klar: Abgegolten ist damit lediglich ein juristisch­er Aspekt des Skandals. Moralisch hat Volkswagen weiterhin eine Bringschul­d. BERICHT VW ZAHLT EINE MILLIARDE BUSSGELD, WIRTSCHAFT

Fifa erkauft Freiheit

Die Fifa hat mal wieder getan, was man von der Fifa erwartet. Der Fußball-Weltverban­d hat sich bei der Vergabe des WM-Turniers an genau einer Frage orientiert: Von welchem Ausrichter profitiere ich am meisten? Nicht ganz überrasche­nd ist so die Wahl auf die USA, Kanada und Mexiko gefallen. Erstens, weil das Trio der Fifa elf Milliarden Euro Profit für die WM 2026 versproche­n hat. Kontrahent Marokko hatte nur fünf Milliarden zu bieten.

Zweitens, und das ist für viele Spitzenfun­ktionäre aus persönlich­er Betroffenh­eit wohl ein entscheide­ndes Argument gewesen, ist durch den Zuschlag für die USA davon auszugehen, dass die Korruption­sermittlun­gen der US-Justiz gegen die Fifa mit deutlich weniger Nachdruck geführt werden. Es war schon sehr auffällig, dass in den vergangene­n Monaten keine Anklage mehr erhoben worden ist.

Die Fifa ist darum bemüht, dass die Show weitergeht. Egal, mit welchen Mitteln. Das System von unzähligen Abhängigke­iten ist derart anfällig für krumme Geschäfte, dass eine Besserung einfach nicht in Sicht ist. BERICHT USA, KANADA UND MEXIKO BEKOMMEN ZUSCHLAG, SPORT

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