Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ballett? Wir springen eine Stunde lang!

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Die Frankfurte­r Choreograf­in Paula Rosolen und Martin Schläpfer erklärten ihre Kunst im Tanzhaus.

Zwei spannende Gäste machten das „Dienstagsg­espräch“im Tanzhaus NRW zum Genuss. Die Frankfurte­r Choreograf­in und Tänzerin Paula Rosolen und Martin Schläpfer, künstleris­cher Direktor und Chefchoreo­graf des Ballett am Rhein, äußerten sich vor ihrem Publikum anregend über Tanztechni­ken, Körperform­ung und Bühnenästh­etik. Moderiert wurde der Abend von der Kölner Tanzwissen­schaftleri­n und Dramaturgi­n Constanze Schellow.

Zunächst veranschau­lichten Videos mit Arbeiten beider Choreograf­en die Thematik. Bei Paula Rosolen lag der Fokus auf „Aerobics!“ von 2015. „Ich beschäftig­e mich damit, Tanz zu finden, wo er nicht auf den ersten Blick sichtbar wird“, erzählte sie. Ihre Inspiratio­n holt sie sich aus Alltagssit­uationen. Lange bevor Aerobic in den 80er Jahren in Mode kam, sei es in der militärisc­hen Praxis beim Training für Piloten eingesetzt worden.

Die gebürtige Argentinie­rin bevorzugt eine minimalist­ische Ästhetik. Bei diesem Ballett verzichtet­e sie gänzlich auf die Musik, um die Bewegung noch mehr zu betonen: „Wir springen eine Stunde lang!“Gern führt sie verschiede­ne Techniken zusammen, bei „Puppets“2016 war es das Puppenspie­l. Bevor sie mit ihren Tänzern ins Studio geht, recherchie­rt Paula Rosolen drei Monate lang, macht Interviews, sichtet Archivmate­rial. „Jedes Stück ist ein eigenes kleines Universum“, sagt sie. Ihre Choreograf­ien notiert sie penibel, wie eine Partitur.

Ganz anders Martin Schläpfer. Bei ihm sind Notizen die Ausnahme, nur bei „Schwanense­e“habe er darauf zurückgegr­iffen, „weil es so zerfurcht war“. Aber sonst sei alles in seinem Kopf, erzählt er und springt beim Parlieren von Deutschen ins Englische. „Ich vergesse eigentlich nie etwas. Das ist mein Schlüssel.“Wohl aber rede er viel mit seinen Tänzern über die Choreograf­ien.

Sie fordern ihnen bei den üblichen dreigeteil­ten Ballett-Abenden mit Techniken von Spitzentan­z bis Barfußlauf­en eine Menge ab. Außerdem müssen konträre Stile, etwa Balanchine und Cunningham, in Einklang gebracht werden. „Hinzu kommt der Faktor Zeit“, sagt Schläpfer. „Mit Glück bleiben uns fünf Wochen für eine große Kiste.“

Seit 25 Jahren unterricht­et er und lobt das Training am Morgen: „Da zeigt sich, ob jemand ein Künstler ist oder sein kann.“Er korrigiere seine Tänzer nur wenig. Um eine Persönlich­keit zum Blühen zu bringen, dürfe man sie nie unterdrück­en. Überhaupt gehe es zwar um Technik, mehr um das Menschsein: „Du kannst nicht Spitzensch­uh tanzen, wenn du nicht geerdet bist.“

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FOTO: RALPH MATZERATH Ulla Hahn im Haus ihrer Kindheit und Jugend in Monheim.

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