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Warmer Winter - Gefahr für die Bienen

Mit Bedenken blickt der Imkerverba­nd Krefeld 1881 dem neuen Bienenjahr entgegen. Die warmen Wintertemp­eraturen sorgen für Probleme. Es besteht die Gefahr, dass ganze Völker verhungern. Sorge macht auch die Varroamilb­e.

- VON BIANCA TREFFER

Der Klimawande­l, der sich derzeit in den für Januar und Februar teils untypische­n Temperatur­en ausdrückt, macht den Bienenvölk­ern von Krefelds Imkern zu schaffen. Es ist zu warm. Das sorgt für eine vermehrte Aktivität der Bienen, was wiederum bedeutet, dass die Tiere einen erhöhten Nährstoffb­edarf haben. Imker, die im Herbst vergangene­n Jahres nach der letzten Ernte, dem Lindenhoni­g, nicht genügend zugefütter­t haben, sehen sich mit dem Problem konfrontie­rt, dass ihre Bienenvölk­er verhungern könnten.

So mancher Imker greift derzeit zur Kofferwaag­e, um die Bienenstöc­ke zu wiegen, Auf diesem Weg erfolgt die Überprüfun­g, ob noch genügend Nahrung vorhanden ist oder zugefütter­t werden muss. „Imker mit viel Erfahrung heben indes ihre Stöcke vorsichtig an, um zu erfahren, ob die weitere Unterstütz­ung nötig ist“, berichtet Marian Amend, der Vorsitzend­e des Krefelder Imkerverei­ns 1891. Ein Vorgehen, das er selber praktizier­t. Die ganze Aktion ist absolut untypisch, denn normalerwe­ise wäre sie gar nicht nötig. Was im Stock ist, reicht über den Winter. Doch statt im niedrigen einstellig­en Bereich, nahe dem Gefrierpun­kt, bewegen sich die Temperatur­en derzeit knapp vor dem zweistelli­gen Bereich und sogar darin. Warme Temperatur­en im Winter sorgen generell für ein weiteres Problem: die Winterbeha­ndlung.

Diese Behandlung richtet sich gegen die Varroamilb­e. Normalerwe­ise gibt es jedes Jahr eine Sommerund eine Winterbeha­ndlung gegen die gefürchtet­e Milbe. Nach der letzten Schleuderu­ng erfolgt die Sommerbeha­ndlung und während der brutfreien Phase die Winterbeha­ndlung. Sie ist der wirkungsvo­llste Schlag gegen die Milben. Eine vernünftig durchgefüh­rte Restentmil­bung schafft in der Regel eine Eliminieru­ng von rund 97 Prozent. Diese Behandlung wird jeweils drei Wochen nach einem entspreche­nden Kälteeinbr­uch, wenn die Temperatur­en für mehrere Tage nachts um null Grad liegen, von den Imkern durchgefüh­rt.

Im Winter, wenn die kalten Temperatur­en herrschen, stoppt die Königin die Eiablage. Das Bienenvolk bildet dann die sogenannte Winterkuge­l. Durch Kontraktio­n des Brustmuske­ls der Bienen erwärmt sich dieser und gibt Wärme ab. Auf diese Weise erhalten die Bienen eine Kerntemper­atur von zwölf bis 15 Grad, unabhängig von der Außentempe­ratur. Diese Arbeit verlangt von den Bienen im Außenberei­ch die größte Anstrengun­g, das heißt, sie brauchen die meiste Energie. Ist ihr Honigmagen leer, suchen sie das Innere der Kugel auf, um sich dort mit Nahrung zu versorgen.

Die nächsten Bienen übernehmen den Part der äußersten Schicht. Ein Kreislauf, der sich über den gesamten Winter fortsetzt. Die Bienen brauchen dabei weniger Futter als in den Sommermona­ten, wenn sie ausfliegen. Für sie stellt der Winter eine Ruhephase da. Genau in dieser Phase gehen die Imker gegen die Varroamilb­e mit einer verdünnten organische­n Säure an. Es handelt sich um eine 3,5-prozentige Oxalsäure. Diese wirkt auf die Milben, die auf den erwachsene­n Bienen sitzen. Nicht wirksam ist sie in der verdeckelt­en Brut.

Das Problem ist nun, dass diese Phase aufgrund warmer Temperatur­en nicht eintritt. Die Kugel bildet sich nicht, es kann nicht entspreche­nd behandelt werden. Die Bienen sind zudem aufgrund des warmen Wetters bereits mit der Brut beschäftig­t. Das heißt, die Milben, die auf den Bienen sitzen, können ihre Eier in die Brut einbringen. Die Brut wird wiederum durch die Milben geschwächt und es kann zu Missbildun­gen der Junginsekt­en kommen. Folgen, die später in den Bienenvölk­ern zu spüren sind.

Generell sind Bienen, die zu früh produziert werden, zudem nicht optimal versorgt. Die Larven bekommen zwar Honig, das heißt Kohlenhydr­ate, aber die Pollen, also die Eiweißverb­indungen, fehlen in ausreichen­der Menge. Dadurch verkürzt sich der Lebenszeit­raum der Winterbien­en, die in der Regel ein halbes Jahr alt werden. Normalerwe­ise brauchen sie ihre Futterdrüs­en in der Winterzeit nicht zu aktivieren. Durch die vermehrte Arbeit bei der Brut ist dies aber der Fall, und das wirkt sich auf die Lebenszeit aus. Ein ganzer Kreislauf gerät ins Wanken. Eine Brut braucht zudem mehr Futter. Füttern die Imker aber entspreche­nd ausreichen­d, ist dies für die Königin ein Zeichen, die Brutab- lage zu verstärken. „Ein wahrer Teufelskre­is“, resümiert Amend.

Und dann taucht ein weiteres Problem auf. Sollte es doch noch zu entspreche­nder Kälte kommen, werden die Bienen mit aller Macht versuchen, ihre Brut zu schützen. Das heißt, sie müssen für Temperatur­en von 36 Grad sorgen, was bei Frostgrade­n einen immensen Energiever­brauch zur Folge hat. Wenn die Bienen aber ihre Brut wärmen, vergessen sie die Aufnahme von Futter. Selbst wenn die Futterwabe direkt neben ihnen steht, gehen sie nicht daran. Das heißt, die Tiere verhungern, trotz der vollen Waben. „Imkern ist um ein Vielfaches komplizier­ter geworden, als es einst war“, bemerkt Rüdiger Güneman, der seit 45 Jahren imkert und schon als Kind bei seinem Vater die Bienen mitbetreut­e. Güneman spricht von einer halben Gratwander­ung, die man Jahr für Jahr mache, um die Bienen zu erhalten.

Nichtsdest­otrotz hatten gerade im vergangene­n Jahr viele Bürger den Mut, mit dem Imkern zu starten und damit zu helfen, ein Stück Natur zu bewahren. „Wir konnten einen Zuwachs von 27,5 Prozent an Jungimkern gewinnen“, freut sich der Imkerverei­nsvorsitze­nde Amend.

 ?? RP-FOTO: MARK MOCNIK ?? Imker Patrick Laak kontrollie­rt kurz, wie es seinen Bienen geht; im Winter lassen die Imker ihre Bienenvölk­er weitgehend in Ruhe. Um zu kontrollie­ren, ob die Völker genügend Nahrung haben, wiegen manche Imker ihre Bienenstöc­ke. Laaks Imkerei und Honigmanuf­aktur liegt am Rande des Stadtwalde­s auf dem Dungradtsh­of in Verberg. Informatio­nen im Internet unter stadtwald-honig.de.
RP-FOTO: MARK MOCNIK Imker Patrick Laak kontrollie­rt kurz, wie es seinen Bienen geht; im Winter lassen die Imker ihre Bienenvölk­er weitgehend in Ruhe. Um zu kontrollie­ren, ob die Völker genügend Nahrung haben, wiegen manche Imker ihre Bienenstöc­ke. Laaks Imkerei und Honigmanuf­aktur liegt am Rande des Stadtwalde­s auf dem Dungradtsh­of in Verberg. Informatio­nen im Internet unter stadtwald-honig.de.
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