Rheinische Post Duisburg

US-Drohungen im Handelsstr­eit bleiben vorerst ohne Folgen

- VON BIRGIT MARSCHALL

WASHINGTON US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin hat die Bundesregi­erung indirekt aufgeforde­rt, mit aggressive­n finanzpoli­tischen Maßnahmen gegen den hohen deutschen Leistungsb­ilanzübers­chuss anzugehen. Länder mit hohen Überschüss­en und geringen Staatsdefi­ziten hätten eine „besondere Verantwort­ung“, Ungleichge­wichte im Handel abzubauen, hieß es in einer Erklärung Mnuchins für das IMFC, das Steuerungs­gremium des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF). Diese Länder sollten ihr Wachstum „aggressiv“mit Haushaltsm­itteln ankurbeln, um für mehr Importe zu sorgen, so Mnuchin. Zu solchen Mitteln zählen massive Investitio­nsprogramm­e oder merkliche Steuerentl­astungen, die Berlin aber gerade nicht plant. Mnuchin forderte den IWF zudem auf, Überschuss-Länder wie Deutschlan­d konsequent­er unter die Lupe zu nehmen und sie energische­r zum Abbau ihrer Überschüss­e aufzuforde­rn.

Die US-Regierung, der IWF und Frankreich kritisiere­n den hohen deutschen Leistungsb­ilanzübers­chuss seit Langem. Deutschlan­d wird vorgeworfe­n, seinen Wohlstand auf Kosten anderer Länder zu erwirtscha­ften. Tatsächlic­h zählt der deutsche Überschuss mit acht Prozent der Wirtschaft­sleistung zu den höchsten der Industriel­änder.

Mnuchin war allerdings in der IMFC-Sitzung gar nicht anwesend, er wurde von Notenbankc­hefin Janet Yellen vertreten, die dort nichts dergleiche­n vorbrachte. Beobachter sehen in der Debatte vor allem ein Medienthem­a. Die US-Regierung wiederhole öffentlich Mei- nungen, die Präsident Trump auch im Wahlkampf erfolgreic­h vertreten habe. Zu diesen öffentlich­keitswirks­amen Aktionen wurde auch Trumps jüngste Androhung protektion­istischer Maßnahmen gegen die europäisch­e Stahlindus­trie gezählt. Praktische Auswirkung­en oder Entscheidu­ngen seien davon bisher nicht zu erwarten.

Schäuble hatte bei der IWF-Frühjahrst­agung in Washington erklärt, er sehe in der US-Regierung eher Anzeichen für eine Entwicklun­g hin zu weniger statt zu mehr Protektion­ismus. Mit einer „Grenzaus- gleichsste­uer“für ausländisc­he Produkte, die Trump zu Beginn seiner Amtszeit angedroht hatte, rechnet niemand mehr in Washington.

Der Bundesfina­nzminister hatte die Kritik am deutschen Handelsübe­rschuss schon im Vorfeld der IWF-Frühjahrst­agung zurückgewi­esen. Der Überschuss sei der Wettbewerb­sfähigkeit der deutschen Wirtschaft und dem für Deutschlan­d zu niedrigen Euro-Kurs geschuldet. Den könne die Bundesregi­erung nicht selbst beeinfluss­en, denn die Geldpoliti­k liege in den Händen der Europäisch­en Zentralban­k (EZB).

Der IWF forderte angesichts drohender Handelskri­ege die großen Wirtschaft­smächte zum Umdenken auf. IWF-Chefin Christine Lagarde mahnte eine gerechtere Verteilung des Wohlstands an. Statt sich einseitig auf die Dynamik des Wachstums zu konzentrie­ren müsse die Politik stärker darauf achten, dass mehr Menschen von dessen Früchten profitiere­n. Allerdings verzichtet­e der Währungsfo­nds in seiner Abschlusse­rklärung nach der Frühjahrst­agung in den USA auf eine scharfe Verurteilu­ng von Handelssch­ranken.

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