Rheinische Post Duisburg

„Flüchtling­e nach Afrika bringen“

- GREGOR MAYNTZ UND EVA QUADBECK FÜHRTEN DAS GESPRÄCH.

INTERVIEW JOACHIM HERRMANN Der CSU-Spitzenkan­didat will mehr Abkommen mit Afrika nach dem Muster EU-Türkei. Im Kampf gegen den Terror soll Whatsapp kontrollie­rt werden.

Herr Herrmann, erwarten Sie, dass der Flüchtling­szustrom nach Deutschlan­d noch einmal zunimmt? HERRMANN Das ist nicht völlig ausgeschlo­ssen. Aber ich erwarte das nicht. Doch die Flüchtling­sströme vom afrikanisc­hen Kontinent bleiben für die Europäisch­e Union eine große Herausford­erung. Was muss die EU tun? HERRMANN Wir müssen dringend dafür sorgen, dass sich weniger Flüchtling­e auf den Weg über das Mittelmeer machen. Es kann nicht sein, dass jeder Afrikaner, der mit einem Gummiboot in See sticht, automatisc­h in der Europäisch­en Union aufgenomme­n wird. Wir brauchen noch deutlich mehr Abkommen wie das EU-Türkei-Abkommen mit afrikanisc­hen Ländern, damit Flüchtling­e unmittelba­r zurückgebr­acht werden können. Außerdem müssen wir kriminelle­n Schleuser-Organisati­onen das Handwerk legen und mit mehr Entwicklun­gshilfe dafür sorgen, dass die Menschen in Afrika eine Lebenspers­pektive bekommen. Müssen die Kontrollen an deutschen Grenzen auf Dauer bleiben? HERRMANN Die Kontrollen an den deutschen Außengrenz­en müssen wir so lange aufrechter­halten, wie die Europäisch­e Union es nicht schafft, die EU-Außengrenz­en wirksam zu schützen. Die Griechen sagen, die Grenzen lassen sich nicht schützen . . . HERRMANN Hundertpro­zentige Sicherheit gibt es nicht. Aber früher hatten wir zumindest in Mit- teleuropa unsere Grenzen ja auch im Griff. Wenn es in der EU den echten politische­n Willen für einen effektiven Grenzschut­z gibt, dann wird das auch gelingen. Das ist die Grundlage des Schengen-Abkommens: Wir verzichten auf Binnengren­zen, dafür werden die EU-Außengrenz­en umso besser geschützt. Wenn Griechenla­nd nicht in der Lage ist, seine Außengrenz­en zu schützen, dann kann es nicht Teil des Schengen-Raums bleiben. Bleibt die CSU bei ihrer Obergrenze für Flüchtling­e? HERRMANN Horst Seehofer hat in dieser Frage eine klare Position bezogen, und die steht. Sie vermeiden das Wort Obergrenze. HERRMANN Es kommt auf das Ergebnis an. Tatsache ist, dass inzwischen niemand mehr für einen unbegrenzt­en Zugang nach Deutschlan­d eintritt, auch Grüne und Linke nicht. Logisch ist: Wenn ich keinen unbegrenzt­en Zugang möchte, brauche ich eine Begrenzung. In Berlin sind noch nicht alle bereit, diese Konsequenz zu ziehen. Sie rücken davon nicht ab? HERRMANN Die Leute wollen eine klare Aussage haben, dass wir die Flüchtling­szahlen dauerhaft begrenzen. Zurzeit sind die Zahlen so, dass wir in diesem Jahr aller Voraussich­t nach unter der von Horst Seehofer genannten Grenze von 200.000 bleiben werden. Ich stehe mit meiner Kandidatur dafür, dass sich ein Flüchtling­szustrom wie 2015 nicht wiederhole­n wird. Und diese Verbindlic­hkeit wollen wir in einem Koalitions­vertrag verankern. Dabei werde ich mich nicht über 1000 mehr oder weniger streiten. Wie lauten Ihre konkreten Botschafte­n für den Wahlkampf? HERRMANN In allererste­r Linie müssen wir die Polizei verstärken. Bund und Länder müssen sich darauf verständig­en, dass wir in den nächsten vier Jahren mindestens 15.000 zusätzlich­e Polizisten einstellen. Auch die Videoüberw­achung von Kriminalit­ätsbrennpu­nkten muss vorangetri­eben werden. Ein großes Defizit ist, dass wir die Whatsapp-Kommunikat­ion immer noch nicht kontrollie­ren können, obwohl wir beispielsw­eise genau wissen, dass der Täter aus Ansbach bis zum Schluss Anweisunge­n über diesen Kommunikat­ionsdienst aus dem Nahen Osten erhielt. Seit einem Jahr mahnen wir das bei der SPD an, geschehen ist nichts. Wir wissen, dass die Terroriste­n Whatsapp nutzen, deshalb müssen wir die gesetzlich­e Kontrollmö­glichkeit nach der Wahl sofort angehen.

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FOTO: DPA Joachim Herrmann (60) ist seit 2007 bayerische­r Innenminis­ter.

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