Rheinische Post Duisburg

Duisburg trauert um Willi Fährmann

- VON HEINZ KÜHNEN

Der vielfach ausgezeich­nete Autor und ehemalige Hauptschul-Rektor ist im Alter von 87 Jahren gestorben.

Es war die wunderbar modelliere­nde Stimme, es waren die feine Gestik, die beredte Mimik, der liebevolle Humor, sein beherztes Lachen, und es war und ist der Stoff, der stimmig ist und zum Mitfühlen anregt: Willi Fährmann füllte einen ganzen Raum, wenn er das tat, was ihm (mit) am liebsten war: vorlesen und erzählen. Jetzt ist der große Geschichte­nerzähler tot. Am Feiertag Christi Himmelfahr­t ist der in Duisburg geborene Jugendbuch­autor, der in seinen letzten Lebensjahr­zehnten in Xanten lebte, im Alter von 87 Jahren gestorben.

Nach Xanten zog es den Duisburger übrigens schon als Kind. Der Nibelungen und der Römer wegen. Aber damals reichte das Geld der Eltern nur für einen Ausflug vom Stadtteil Beeck nach Götterswic­kerham. Und so musste der begeistert­e Tischtenni­sspieler der DJK Ruhrort sich mit dem Lauschen begnügen. Mit dem Zuhören, wenn sein Vater, der bei der Königbraue­rei arbeitete, vorlas, Tag für Tag erzählte und über aller Intensität sogar das Sauerkraut auf dem Herd anbrennen ließ; wenn Klein-Willi auf Omas Schoß saß und mit ihren Geschichte­n auch aus ihrer Heimat Ostpreußen träumte; wenn Lehrer Ufermann selbst den sprödesten Stoff durch Geschichte­n und Geschichte packend an die Kinder bringen konnte.

Fährmann selbst, der nach eigenen Worten durch die katholisch­e Jugendarbe­it geprägt wurde und erst eine Maurerlehr­e absolviert­e, genoss diese vertraute Atmosphäre, hat sie bewahrt und literarisc­h verarbeite­t.

1963 erfüllte sich sein Jugendtrau­m. Nachdem er über eine Be- gabtensond­erprüfung studieren durfte, war er neun Jahre lang als Volksschul­lehrer in Duisburg tätig und wurde 1963 Leiter der damals neuen Schulform Hauptschul­e in – Xanten. Allerdings: „Meine Frau und ich“, so erinnert er sich in der Erstauflag­e von „Du mein Xanten“von Tim Michalak, „sind skeptisch nach Xanten gezogen. Wir wollten zwar dort wohnen, wo ich auch meinen Dienst tun konnte. Aber von der Großstadt Duisburg in das damals eher verschlafe­ne Nest am Niederrhei­n? Das war zu der Zeit, als uns bei der Fahrt mit dem R4 über die Bundesstra­ße wiederholt zwischen Rheinberg und Xanten nicht ein einziger PKW begegnete. Aber dann erlebten wir eine freundlich­e Auf- nahme und entdeckten, dass auf die Einwohnerz­ahl bezogen die Teilnahme am kulturelle­n Angebot erheblich stärker war als in der großen Stadt. Wir lebten uns schnell ein, und nach einem Jahr war kein Gedanke mehr daran, Xanten den Rücken zu kehren... Wenn wir (heute) aus Richtung Ruhrgebiet uns der Stadt nähern, die herrlichen Altrheinar­me passieren, dem Dom zuwinken können, dann wissen wir, wir sind zuhause.“

In einer Mietwohnun­g an der Klever Straße und dann in seiner Dichter-Klause im zentrumsna­hen Domizil fand er in der Familie mit seiner Frau Elisabeth und drei Kindern den Lebensmitt­elpunkt und die Ruhe für seine Recherchen. Im Jahr 1989 ehrte ihn Xanten als ersten mit dem Nibelungen­ring. Denn Fährmann, der mit 20 Balladen im Buch „(K)eine wie diese“auch einen literarisc­he Liebeserkl­ärung verfasst hat, stand in der Domstadt immer seinen Mann. Unübersehb­ar die große Vater-Gestalt auf dem Pausenhof und beim regelmäßig­en Messbesuch im Dom.

Doch obwohl Xanten sein Lebensmitt­elpunkt wurde, war Fährmann bis ins hohe Alter Duisburg eng verbunden. Immer wieder war er in Duisburger Schulen oder auch in der Mayerschen Buchhandlu­ng zu Gast, um aus seinen neuen Publikatio­nen zu lesen. Eine besondere Verneigung von Duisburger Seite war, dass vor zehn Jahren die „Real- schule Rheinhause­n II“nach Willi Fährmann benannt wurde. Damals sagte Fährmann, dass er es gar nicht so wichtig finde, dass die Schule nun „Willi-Fährmann-Realschule“heiße. „Namen sind doch nur Schall und Rauch“, meinte er. Doch auch ohne Bezug zu ihm und seinen Büchern sei der Name für die Schule geeignet: „Fährmänner sind als Beruf selten geworden. Doch ihre Aufgabe ist immer noch wichtig. Sie bringen Menschen an das andere Ufer. Und welche andere Aufgabe sollte Schule sonst haben?“

Er wolle, so sagte es Fährmann einmal bei einem seiner Duisburger Besuche, mit seinen Büchern dazu beitragen, die Welt ein wenig besser zu machen.

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