Rheinische Post Emmerich-Rees

Herrlich turbulente drei Stunden

- VON MICHAEL SCHOLTEN

Die Dorfbühne Mehr führte den Schwank „Der doppelte Moritz“auf. Für die 140 Zuschauer im ausverkauf­ten Pfarrheim war es ein ausgesproc­hen kurzweilig­er Abend.

MEHR „Moritz, was wirst nur Du erleben, wenn du zurückkomm­st!“, sagt Max Krause und blickt dabei nicht in den Spiegel, sondern auf das Porträt seines erfolgreic­hen Zwillingsb­ruders Moritz Krause. Der Großindust­rielle ist für zwei Tage in London, um ein Eisenbahnp­rojekt für den Iran voranzutre­iben. Die Konkurrenz darf nichts erfahren, deshalb befolgt Moritz Krause den Rat seines Privatsekr­etärs, sich daheim vom Zwillingsb­ruder Max

Elisabeth Rupprecht, doubeln zu lassen. Dass dieser Plan komplett aus dem Ruder läuft, daran erfreuten sich jetzt 140 Zuschauer im ausverkauf­ten Pfarrheim, als die Dorfbühne Mehr den Schwank „Der doppelte Moritz“aufführte.

Hauptdarst­eller Peter Rupprecht hat die Doppelroll­e als Max und Moritz Krause schon 1986 gespielt. Die Dorfbühne Mehr entschied sich nach 31 Jahren für eine Wiederholu­ng. „Es wird immer schwierige­r, neue gute Stücke zu finden“, sagte Regisseuri­n Elisabeth Rupprecht dem zu Beginn des dreistündi­gen, kurzweilig­en Abends. Sie lobte Toni Impekoven und Carl Mathern, die Autoren von „Der doppelte Moritz“, als „Meister des Theaters“, die sich darauf verstanden, Wortwitz auf ho- hem Niveau zu schreiben. „Auf die zweideutig­en Witze vieler moderner Stücke wollen wir uns nicht einlassen“, verkündete die Regisseuri­n die Entscheidu­ng des Ensembles.

Und so durften sich die Zuschauer über ein herrlich turbulente­s Stück freuen, das angenehm altmodisch­e Begriffe wie „Gnädige Frau“ und „Sanitätsra­t“verwendet, in dem schüchtern­e Männer noch formvollen­det um die Hand der keuschen Tochter des Hauses bitten und in dem vieles, was heute alltäglich ist, noch als „Sodom und Gomorrha“empfunden wurde. Wenn dann noch im Minutentak­t „Da kommt jemand“gesagt wird und die Türen donnern, bis das Bühnenbild wackelt, entsteht im Pfarrheim die heimelige Ohnsorg- und Millowitsc­h-Atmosphäre längst vergangene­r Zeiten.

Drei Darsteller gaben in Mehr ihr Debüt: Andrea Hetebrij als Tochter Margot Krause, die von ihrem geschäftst­üchtigen Vater Moritz an den Sohn eine Eierbriket­t-Barons verheirate­t werden soll. Diesen Spross, Felix Papenstiel, spielte Matthias Kremer mit herrlicher Eitelkeit und waffensche­inpflichti­ger Perücke. Gisela Blümer gab ihr Bühnendebü­t als Mathilde Krause, die vergeblich ihren verschwund­enen Gatten Max sucht und glaubt, der Zwillingsb­ruder Moritz habe ihn ermordet.

Peter Rupprecht musste sich für seine Haupt- und Doppelroll­e gleich fünfmal hinter den Kulissen umziehen. Den drögen, aber verschmitz­ten Max Krause, der frisch aus den USA eingetroff­en ist, spielte er genauso mit Bravour wie den ruppigen Zwillingsb­ruder Moritz. Marko Gertzen brillierte als teddybärig­er Privatsekr­etär Dr. Hans Hellwig, Leo Tekath gab sich (wie schon 1986) ganz staatsmänn­isch als Sanitätsra­t Dr. Ruppel, und Martina Venhoeven erhielt für jeden ihrer Auftritte als resolute Haushälter­in Sibille Szenenappl­aus. Weitere Rollen spielten Ellen von Mulert und Julia Kogelboom als Moritz Krauses Ehefrau und Geliebte, Edgar Scharff als treuer Diener Otto und Christian Venhoeven als Kriminalbe­amter Wulle.

„Der doppelte Moritz“wird erneut am 29. und 30. April sowie am 5., 7. und 12. Mai im Pfarrheim Mehr, Bonekampst­raße 3, aufgeführt.

„Auf die zweideutig­en Witze vieler moderner Stücke wollen wir uns

nicht einlassen“

Info Karten sind für acht Euro nur im Vorverkauf erhältlich, unter anderem beim Malerbetri­eb Block und im Edeka-Markt Roes in Mehr sowie in den Modehäuser­n Tangelder in Haldern und Mehrhoog.

 ?? RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE ?? Peter Rupprecht (r.) spielte seine Haupt- und Doppelroll­e mit Bravour. Die anderen Darsteller standen ihm nicht nach.
RP-FOTO: KLAUS-DIETER STADE Peter Rupprecht (r.) spielte seine Haupt- und Doppelroll­e mit Bravour. Die anderen Darsteller standen ihm nicht nach.

Newspapers in German

Newspapers from Germany