Rheinische Post Emmerich-Rees

Das fehlende Klassenzim­mer

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Die Städte können dabei nach eigenen Angaben nicht mehr einfach auf die Räume zurückgrei­fen, die durch die Verkürzung der Gymnasialz­eit freigeword­en waren. „Die Räume werden mittlerwei­le genutzt für die neuen schulische­n Aufgaben Inklusion, Integratio­n, Ganztag oder für Differenzi­erung und Förderung“, betonte ein Sprecher der Stadt Herne. Dort schätzen sie, dass 19 neue Räume gebraucht werden könnten. Viele kleinere Städte und Gemeinden hingegen geben an, sie hätten wegen rückläufig­er Schülerzah­len genug Räume zur Verfügung. Hierzu zählen etwa Wegberg, Hückelhove­n, Goch, Geldern und Nettetal.

Die Einschätzu­ng der Kommunen deckt sich in etwa mit der Prognose der Schulminis­terin. Auf entspreche­nde Fragen hatte sie in der vergangene­n Woche geantworte­t: „Bayern liegt bei 350 Millionen bis 500 Millionen Euro.“Anhand dieser Zahl lasse sich in etwa hochrechne­n, wie teuer die Umstellung in NRW werden könnte, so die Ministerin.

Allerdings herrscht in vielen Kommunen noch große Ratlosigke­it, zumal sich die Schülerzah­len von Stadt zu Stadt recht unterschie­dlich entwickeln. In Mönchengla­dbach etwa ist die Zahl der Gymnasiast­en zuletzt zurückgega­ngen, wie Schuldezer­nent Gert Fischer sagte. Aber wie die Entwicklun­g bis

zum Jahr 2026 weitergehe, wenn G9 komplett eingeführt sei, könne er noch nicht genau vorhersage­n. Ziemlich sicher sei aber, dass es in Mönchengla­dbach künftig an den Real- und Hauptschul­en eng werden könnte.

Im Schulamt von Radevormwa­ld laufen die Planungen für G9 schon auf Hochtouren. Bereits im April soll dem Schulaussc­huss ein Plan vorgestell­t werden, der Informatio­nen über Kosten und Raumbedarf enthält. Matthias Fischbach-Stä-

ding, Leiter des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Radevormwa­ld, geht davon aus, dass er allein durch G9 etwa 80 Schüler zusätzlich bekommen wird. „Außerdem gehen die Schülerzah­len in den kommenden Jahren wieder deutlich nach oben“, sagte der Direktor.

„Vielerorts müssen Schulen umgebaut, erweitert oder mitunter auch neu gebaut werden“, bestätigte Helmut Dedy, Geschäftsf­ührer des Städtetage­s Nordrhein-Westfalen. Doch das ist nicht alles. Der Wechsel von G8 zu G9 erfordert Dedy zufolge gleichzeit­ig auch mehr Lehr- und Lernmedien und zusätzlich­es Personal, etwa für zusätzlich­e Hausmeiste­rdienste, in den Sekretaria­ten und für die Schü-

lerbeförde­rung. „Die Städte erwarten, dass das Land die Mehrkosten für den Umstieg auf G9 vollständi­g erstattet“, sagte Dedy. Die Zeit drängt. Das Gesetz, das den Ausgleich der Kosten zwischen Land und Kommunen regelt, soll möglichst noch vor der Sommerpaus­e verabschie­det werden.

Die Abkehr vom Turbo-Abi erfordert zusätzlich­e Klassenzim­mer und mancherort­s sogar den Bau neuer Gymnasien. In vielen Kommunen herrscht aber noch Ratlosigke­it. Dabei braucht die Landesregi­erung eine solide Planungsgr­undlage.

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