Rheinische Post Erkelenz

„Waldtrauts“Krone ist einsame Spitze

- VON DOROTHEA DÖRNER

Zum morgigen internatio­nalen Tag des Baumes rückt ein Riese in den Fokus: Die Douglasie „Waldtraut vom Mühlwald“ist mit 66 Metern Deutschlan­ds höchster Baum. Er steht in Freiburg.

FREIBURG (dpa) „Waldtraut“ist schon 107 Jahre alt – und immer noch im Wachstum. Die Douglasie im Stadtwald von Freiburg legt pro Jahr 30 bis 33 Zentimeter zu und ist mit 66,58 Metern offizielle­n Angaben zufolge der höchste Baum Deutschlan­ds. Förster nutzen den Rekordbaum, um über Wald- und Forstwirts­chaft zu informiere­n. Douglasien sind zwar heimisch geworden in Deutschlan­d, doch sie sind Bäume mit Migrations­hintergrun­d. Und sie wachsen höher hinaus als Tannen, Buchen oder andere Bäume.

„Uns liegen alle Bäume gleicherma­ßen am Herzen. Aber Waldtraut hat es schon zu einer gewissen Bekannthei­t gebracht“, sagt Nicole Schmalfuß. Die 44-Jährige ist Leiterin des städtische­n Forstamtes in Freiburg. Zum morgigen internatio­nalen Tag des Baumes rückt gerade dieser Riese in ihrem Revier in den Fokus: „Waldtraut vom Mühlwald“, wie Förster den Giganten tauften. Die Douglasie von der nordamerik­anischen Westküste kam 1913 als dreijährig­er Setzling in den Freiburger Stadtwald, den sogenannte­n Mühlwald am Fuße des Schwarzwal­dbergs Schauinsla­nd. „Sie ist Teil einer Douglasien-Kolonie an einem idealen Standort“, sagt die Försterin. Die Bäume stehen in einem feuchten Gebiet am Hang eines Berges. Heimische Baumarten entwickeln sich hier nicht so gut.

Auch die umstehende­n Douglasien, alle Teil der Versuchspf­lanzung von 1913, sind ähnlich gut gewachsen. Doch an die Höhe von Waldtraut kommt keine heran. Der Baumriese habe sich zu einem Wander- und Ausflugszi­el entwickelt, sagt Schmalfuß. Für Förster und Naturschüt­zer ist das eine sehr willkommen­e Entwicklun­g. Können sie doch so über das Ökosystem Wald aufklären, mit Irrtümern aufräumen und für den nachhaltig­en Umgang mit der Natur sensibilis­ieren – was gerade bezogen auf den Wald wichtig ist. Sie sprechen Schulklass­en, Wanderer und Ausflügler an. „Der Aha-Effekt ist meist sehr groß“, sagt die Försterin. „Nur wenige Menschen wissen, wie mächtig, komplex und zugleich empfindlic­h das Ökosystem Wald ist.“

Mit dem Auto sei Deutschlan­ds höchster Baum nicht zu erreichen. „Die Besucher müssen zu Fuß einige Kilometer durch die Natur gehen und erleben somit schon auf dem Weg, wie vielseitig und eindrucksv­oll unsere Wälder sind.“Waldtraut, sagt Schmalfuß, locke Menschen in den Wald, die sonst nicht kommen würden.

„Dass Waldtraut heute überhaupt hier steht, ist den Freiburger Forstleute­n zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts zu verdanken“, erklärt eine Sprecherin der Forstliche­n Versuchs- und Forschungs­anstalt Baden-Württember­g. „Damals wurden versuchswe­ise Baumarten aus Nordamerik­a gepflanzt, um das örtliche Spektrum an Baumarten, das unter der letzten Eiszeit in Mitteleuro­pa gelitten hatte, zu bereichern.“Die Douglasie habe sich besonders gut integriert. „Sie wächst deutlich höher und schneller als ihre heimischen Nadelbaumv­erwandten.“

Wo Waldtraut im europäisch­en Vergleich steht, ist unklar. In anderen Ländern gebe es hierfür zu wenige amtlich vermessene Bäume, heißt es bei der Forstliche­n Versuchung­sanstalt. Im rund 230 Kilometer von Freiburg entfernten Eberbach bei Heidelberg sieht man selbst den deutschen Rekord skeptisch. Die beiden Orte lieferten sich lange eine Debatte, wer Deutschlan­ds höchsten Baum hat. Messungen der Uni Karlsruhe erklärten Freiburg zum Sieger. Der Baum in Eberbach ist nur 63,30 Meter hoch.

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FOTO: DPA Die Douglasie „Waldtraut vom Mühlwald“ist 107 Jahre alt und wächst etwa 30 Zentimeter pro Jahr – sie wird also vorläufig der größte Baum bleiben.

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