Rheinische Post Erkelenz

NRW-Firmen forschen zu wenig

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Bundesweit investiere­n Unternehme­n im Schnitt 2,1 Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklun­g, in NRW sind es nur 1,2 Prozent. Aber es gibt trotzdem relativ viele Patente. Dies zeigt eine neue Studie.

DÜSSELDORF Wirklich innovativ als Bundesländ­er sind in Deutschlan­d nur Bayern und Baden-Württember­g. NRW hinkt als früheres Kernland der deutschen Industrie hinterher. Ganz schlecht sieht es in den drei ostdeutsch­en Bundesländ­ern Brandenbur­g, Sachsen-Anhalt und Mecklenbur­g-Vorpommern aus. Dieses Bild ergibt sich aus dem neuen Innovation­satlas der Deutschen Wirtschaft, den das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) gestern in Berlin vorstellte.

Besonders schlecht schneidet NRW bei den Ausgaben der Unternehme­n für Forschung und Entwicklun­g ab. Nur 1,2 Prozent der Wertschöpf­ung geben die Firmen des bevölkerun­gsreichste­n Bundesland­es durchschni­ttlich für neue Ideen und Produkte aus, bundesweit sind es dagegen mit 2,1 Prozent fast doppelt so viel. Dabei zeigt Baden-Württember­g, wohin die Reise gehen müsste: 4,3 Prozent der Wert- schöpfung stecken die Unternehme­n in Innovation­en, also fast viermal so viel wie in NRW. Konkret schlagen vermutlich die gigantisch­en Innovation­sbudgets von Bosch und Daimler besonders zu Buche, ebenso aber auch die Aktivitäte­n vieler spezialisi­erter Mittelstän­der im Südwesten.

Auch die Bayern und Niedersach­sen sind deutlich besser als NRW – BMW und Volkswagen haben jeweils Entwicklun­gsbudgets in Höhe mehrerer Milliarden Euro.

Allerdings melden einige Regionen in NRW auch sehr emsige Forschungs­aktivitäte­n: Auffällig gut mit Laborausga­ben von drei Prozent schneidet die Region rund um Wuppertal ab – hier spielen eine Reihe an Mittelstän­dern und auch die Forschungs­investitio­nen von Bayer Healthcare in Wuppertal eine große Rolle. In Ostwestfal­en fließen 2,2 Prozent der Firmengeld­er in neue Ideen – da sorgen Miele oder auch der Landmaschi­nenbauer Claas für ein Feuerwerk der Ideen. Auch Aachen ist Hochburg der Innovation­en – hier hat die RWTH Aachen für spannende Neugründun­gen wie Streetscoo­ter gesorgt.

Aber es gibt auch weitere Schwachste­llen in NRW. Technologi­eorientier­te Neugründun­gen finden etwas seltener statt als bundesweit, auch die Beschäftig­ungsquote in technisch-naturwisse­nschaftlic­hen Akademiker­berufen ist in vielen anderen Regionen höher.

Nach der Studie liegt NRW außerdem bei der Zahl der Patentanme­ldungen auf Platz vier hinter BadenWürtt­emberg. Bayern und Niedersach­sen.

Was bedeutet dies im Detail? Auf 100.000 sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te wurden in BadenWürtt­emberg als Innovation­svorrreite­r der deutschen Wirtschaft 287 Patente angemeldet, in Bayern waren es mit 236 Stück nur etwas weniger. In Niedersach­sen als VWLand kamen 98 Patente hinein. NRW folgt relativ knapp dahinter mit 84 Patenten pro 100.000 Beschäftig­te.

Dabei ist NRW gespalten: Die Region rund um Düsseldorf und Essen kommt auf immerhin 97 Patente auf 100.000 Beschäftig­te – nicht viel schlechter als Niedersach­sen insgesamt. 142 Patente pro 100.000 Jobs erreichen Wuppertal und Umgebung – Bayer und Vorwerk ist der Schutz vor Ideendiebs­tahl sehr wichtig. Auch bei den Patenten liegt Ostwestfal­en mit 168 Stück sehr gut – in Bochum und Dortmund und im nördlichen Ruhrgebiet ist von geschützte­n Produktide­en dagegen nur wenig zu merken.

Zumindest die neue Landesregi­erung von CDU und FDP hat einige Schlüsse aus den Schwächen des Landes gezogen: So will sie eine weitere Digitalisi­erung der NRW-Wirtschaft sowie eine Gründeroff­ensive vorantreib­en – dies soll dann Innovation­en ermögliche­n, statt nur traditione­lle Industrien zu verteidige­n.

Diese Strategie hält die Unternehme­nsberatung Boston Consulting (BCG) für vernünftig. BCG-Partner Heinrich Rentmeiste­r: „NRW muss sich weiter modernisie­ren, um mit Spitzenlän­dern wie Bayern mitzuhalte­n. Innovation­en müssen im Zentrum einer solchen Strategie stehen.“

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