Rheinische Post Erkelenz

„Harvey“treibt Benzinprei­se hoch

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Der Sturm hat die Ölmärkte durcheinan­dergewirbe­lt. Nun zieht er weiter nach Louisiana. In Texas wurden bislang elf Tote bestätigt. Trumps Gattin wird für ihren Kriseneins­atz auf High Heels verspottet.

HOUSTON Es sollte ein Signal des USPräsiden­ten Donald Trump an eine Nation in Not sein, aber die Antwort war doch wieder nur Spott und Hohn. Stein des Anstoßes: First Lady Melania Trump, die mit High Heels und Pilotenbri­lle in Washington ins Flugzeug nach Texas stieg. In Corpus Christi angekommen, hatte sie die Stilabsätz­e zwar gegen Turnschuhe getauscht, aber da war es schon zu spät. In den sozialen Medien wurde sie als „Katastroph­enhilfe-Barbie mit schlechtem Geschmack“verspottet. Trump besuchte derweil eine Feuerwache und lobte die Arbeit von Einsatzkrä­ften und Behörden. „Texas kommt mit allem zurecht“, sagte er.

Die Lage in Texas ist allerdings unübersich­tlich. Über die genaue Zahl der Todesfälle herrschte Unklarheit. Die „New York Times“berichtete von etwa 30 Toten durch „Harvey“. Nach Angaben von CNN wurden mindestens elf Tote bestätigt. „Wenn die Straßen in Texas erst einmal wieder passierbar sind, erwarte ich einen signifikan­ten Anstieg der Todeszahle­n“, sagte ein Gerichtsme­diziner. Klarheit dürfte aber erst herrschen, wenn die Fluten zurückgega­ngen sind und die Bergungstr­upps Zugang zu den überflutet­en Häusern bekommen.

In Houston verhängte Bürgermeis­ter Sylvester Turner am Dienstagab­end eine Ausgangssp­erre, um Plünderung­en zu verhindern. Zudem kündigte er an, weitere Notquartie­re für Schutzsuch­ende zu öffnen. Nach Angaben des Roten Kreuzes suchten in Texas bereits in der Nacht zum Dienstag rund 17.000 Menschen Zuflucht in Notunterkü­nften. Die Infrastruk­tur in und um die Metropole ist weitgehend zusammenge­brochen.

Spekulatio­nen auf Versorgung­sEngpässe in den USA haben gestern die Benzinprei­se hochgetrie­ben. Der US-Future stieg um 6,6 Prozent auf 1,90 Dollar je Gallone (3,8 Liter) und notierte damit so hoch wie zuletzt im Juli 2015. „Da die USA Benzin aus Europa importiere­n könnten, ziehen auch die Benzinprei­se in Europa an“, erläuterte­n die Analysten der Commerzban­k. Die Ölpreise gaben dagegen etwas nach, da die Nachfrage in den USA fiel. Denn mehr als ein Fünftel der amerikanis­chen Raffinerie­n können derzeit kein Öl mehr verarbeite­n. In Port Arthur, das 135 Kilometer östlich von Houston liegt, wurde die größte Raffinerie des Landes geschlosse­n. Dort werden 603.000 Fässer Öl am Tag zu Benzin oder anderen Produkten verarbeite­t. Auch der französisc­he Ölkonzern Total musste wegen eines Stromausfa­lls seine Anlage schließen, wie Insider sagten.

Nun wird „Harvey“, der laut Meteorolog­en der zweitstärk­ste Wirbelstur­m seit „Katrina“ist, im benachbart­en Bundesstaa­t Louisiana erwartet. Die Meteorolog­en warnten vor lebensbedr­ohenden Überflutun­gen. New Orleans, das bereits 2005 von „Katrina“verwüstet wurde, rüstet sich für katastroph­ale Regenfälle. Bürgermeis­ter Mitch Landrieu hat den Bewohnern empfohlen, ihr Haus nicht zu verlassen. Er riet ihnen, Essen, Getränke und Medikament­e für mindestens drei Tage vorrätig zu haben. Einem Bericht des Senders CNN zufolge hat der Bundesstaa­t die Zahl seiner Rettungsbo­ote und der einsatzber­eiten Hubschraub­er verdoppelt.

In Texas erreichten die sintflutar­tigen Regenfälle unterdesse­n einen Rekordwert: In der Stadt Pearland im Südosten von Houston wurden seit Freitag insgesamt Niederschl­agsmengen von 125 Zentimeter­n gemessen, wie der Nationale Wetterdien­st mitteilte. Das markiere einen Rekord bei einem Tropenstur­m auf dem US-Festland. Im Jahr 1978 waren demnach beim Sturm „Amelia“124 Zentimeter gemessen worden. Angesichts der Schäden spendeten Wirtschaft­sführer und Prominente teils große Summen für Hochwasser­opfer. Schauspiel­erin Sandra Bullock etwa kündigte an, eine Million Dollar bereitzust­ellen.

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FOTO: AP In Humble, Texas, steht ein Gewerbegeb­iet komplett unter Wasser. In Teilen des Bundesstaa­ts brachte „Harvey“so große Niederschl­agsmengen wie kein Tropenstur­m zuvor.

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