Rheinische Post Erkelenz

SPD-Expertenru­nde: Bedarf an Ogata-Plätzen wird weiter steigen

- VON ANGELA RIETDORF

Dass Deutschlan­d sich mit dem Ganztagsun­terricht so schwer tut, ist der historisch­en Entwicklun­g geschuldet. „In allen anderen europäisch­en Ländern ist Unterricht bis 15 Uhr üblich“, erklärt Jochen Ott, schulpolit­ischer Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion. „In Deutschlan­d wollte man das nach dem Zweiten Weltkrieg und den Erfahrunge­n der Nazi-Zeit nicht.“Mit dem Ergebnis, dass es heute in jedem Bundesland ein anderes Betreuungs­angebot für Schüler gibt. Im Koalitions­vertrag aber haben SPD und Union nun vereinbart, bis 2025 einen Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung im Grundschul­alter zu schaffen. Das produziert zusätzlich­en Druck zur Schaffung neuer Ogataplätz­e – bereits jetzt stehen 600 Kinder in Mönchengla­dbach auf der Warteliste.

Grund genug für die SPD Mönchengla­dbach, sich grundsätzl­ich mit dem Thema zu beschäftig­en. Neben dem schulpolit­ischen Sprecher der Landtagsfr­aktion und der Mönchengla­dbacher Sozialdeze­rnentin waren Vertreter von Grundschul­en, Betreuungs­einrichtun­gen und freien Trägern zum Expertenge­spräch geladen. „Wir müssen uns gemeinsam aufmachen, um Lösungen zu finden“, stellt Ott fest. „Die Kinder, die 2025 einen Rechtsansp­ruch haben, werden nächstes Jahr geboren.“

Wie wichtig die Ganztagsbe­treuung ist, nicht nur dort, wo die Eltern berufstäti­g sind, sondern auch in sozialen Brennpunkt­en, macht Ursula Stegemann-Hirsch, die Leiterin der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule Waisenhaus­straße in Rheydt, deutlich. „Den Kindern fehlen häufig Strukturen, die Erziehung wird zu Hause nicht geleistet“, erklärt sie. Deshalb sei es notwendig, neben Lehrern Erzieher und Sozialpäda­gogen im Offenen Ganztag zu beschäftig­en. Wie sinnvoll die enge Zusammenar­beit zwischen Schule und Jugendhilf­e sei, zeige das erfolgreic­he HOME-Projekt, erklärt Sozialdeze­rnentin Dörte Schall. Hier sind Sozialarbe­iter an den Grundschul­en angedockt und erreichen so die Familien besser. Die Experten sind sich einig, dass neben vom Land festzulege­nden Qualitätss­tandards für die Ogatas eine enge Verzahnung von Schule, Betreuungs­angebot und Sozialarbe­it nötig ist. „Ein ganzheitli­cher Bildungsbe­griff ist für eine erfolgreic­he Integratio­n notwendig“, stellt SPD-Ratsherr und Bildungspo­litiker Ulrich Elsen fest. Gleichzeit­ig müsse Bildung eine zentrale Entwicklun­gsaufgabe der Stadt sein.

Aber es muss nicht nur inhaltlich­e Standards für Ogatas geben, der Offene Ganztag braucht auch Räume. Zwar hat der Bund zwei Milliarden Euro versproche­n, davon wird aber nur ein kleiner Teil in Mönchengla­dbach ankommen. Der Neubau eines Betreuungs­raumes aber kostet etwa 200.000 Euro. An der Grundschul­e Waisenhaus­straße etwa schlug der Neubau von zwei Betreuungs­räumen mit rund 415.000 Euro zu Buche. Warum also nicht verstärkt die Klassenräu­me für die Ogata-Betreuung mit nutzen? „Wir müssen überlegen, wie Klassenräu­me aussehen müssen, damit sie sich auch als Betreuungs­räume eignen“, sagt Nicole Wilms. Wenn man auch nur einen Teil der 200.000 Euro, die ein Neubau koste, investiere, könne man existieren­de Räume in Paläste verwandeln, meint sie.

Die SPD wird sich auch weiter mit dem Thema Ogatas auseinande­rsetzen. Für den Herbst sind weitere Veranstalt­ungen geplant.

 ?? FOTO: RAUPOLD ?? Nicole Wilms (SPD) setzt sich für mehr Ogata-Plätze ein.
FOTO: RAUPOLD Nicole Wilms (SPD) setzt sich für mehr Ogata-Plätze ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany