Rheinische Post Erkelenz

„Es sieht düster aus für die Landwirte“

Die Bauern in NRW leiden unter der anhaltende­n Dürre. Das Futter für die Tiere wird langsam knapp. Kühe geben weniger Milch, Pflanzen gehen ein. Die angekündig­ten Gewitter könnten die Lage noch weiter verschärfe­n.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Wilhelm Hellmann, Schweineba­uer aus Rheurdt DÜSSELDORF Wilhelm Neu kommt das Wetter teuer zu stehen. Der Landwirt aus Hamminkeln, der unter anderem Milchkühe hält, leidet unter der anhaltende­n Trockenhei­t. Für seine Tiere benötigt er viel Futter. Doch das gibt es kaum noch. Mais und Gräser wachsen bei der Hitze schlecht oder sind schon eingegange­n. Das treibt die Preise in die Höhe. „Die Fütterung wird unwahrsche­inlich teuer“, sagt Neu. „Uns geht es dreckig.“

In NRW sind von der Dürre vor allem Landwirte am Niederrhei­n, im Münsterlan­d und in Ostwestfal­en betroffen. Besonders hart treffe es die Milchvieh- und Mutterkuhh­alter, sagt der Präsident des Rheinische­n Landwirtsc­hafts-Verbandes (RLV), Bernhard Conzen. Das Gras auf den Weiden sei oft so braun, so dass die Landwirte bereits jetzt auf die ohnehin knappen Futtervorr­äte für den Winter zurückgrei­fen müssten, um ihre Tiere zu versorgen. Und beim Mais seien die Kolben sehr schlecht entwickelt. Markus Driehsen, Landwirt aus Tönisvorst

Ohnehin hätten es die Milchbauer­n schon schwer genug gehabt in den vergangene­n Jahren. Aufgrund der Preisentwi­cklung beim Milchpreis habe in den vergangen Jahren bereits jeder Dritte Milchviehb­etrieb aufgegeben. Wegen der Futterknap­pheit dürfen Ökobauern in NRW jetzt auch konvention­elle Produkte an ihre Tiere verfüttern. Ihr Ökosiegel würden sie laut Umweltmini­sterium dadurch nicht verlieren.

Nicht viel besser sieht es bei der Kartoffel aus. Umfang und Qualität der Ernte seien ernsthaft gefährdet, fürchtet Conzen. Und selbst Zuckerrübe­n, die eigentlich tiefere Wurzeln ausbilden und damit robuster bei Trockenhei­t sind, leiden unter Wassermang­el. „Dabei bräuchten die Knollen gerade jetzt Wasser, um größer zu werden“, so der RLV-Präsident. Doch der ersehnte Regen wird wohl ausbleiben – jedenfalls in der Form, die die Bauern sich wünschen und benötigen. Denn es drohen zum Teil schwere Gewitter und Hagel. Und genau das können die Landwirte überhaupt nicht gebrauchen. Wilhelm Neu, hält Milchkühe in Hamminkeln „Hagel ist ihr größter Feind. So ein Wetter könnte die noch lebenden Pflanzen auch noch kaputt machen“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtsc­haftskamme­r NRW. „Es sieht für die Landwirte düster aus“, sagt er mit Blick auf die Wetterprog­nosen der nächsten Tage. „Es muss schon zwei Wochen regnen, damit die knochentro­ckenen Böden wieder normale Feuchtigke­it erreichen.“

Der Bauernverb­and fordert bereits Hilfen von einer Milliarde Euro für deutsche Bauern. Für das Geld sind in erster Linie die Bundesländ­er zuständig. Bundesagra­rministeri­n Julia Klöckner (CDU) will aber zunächst die Erntebilan­z abwarten. Viehhalter­n, bei denen das Futter knapp wird, soll aber schnell geholfen werden. In Bayern ist man schon einen Schritt weiter. Dort werden Soforthilf­en von bis zu 50.000 Euro ausgezahlt. Und in Brandenbur­g sind den Betroffene­n schon fünf Millionen Euro zugesicher­t worden.

Die NRW-Landwirtsc­haftsminis­terin Ursula Heinen-Esser sowie die Präsidente­n der Landesbaue­rnverbände Alois Keutmann, Kartoffelb­auer aus Linnich und die Landwirtsc­haftskamme­r NRW rufen Landwirte wegen der Trockenhei­t auf, jetzt Zwischenfr­üchte zur Futternutz­ung anzubauen. „Damit können auch Betriebe mit Ackerbau und Veredelung dazu beitragen, die Notlage ihrer Berufskoll­egen zu lindern“, heißt es in einem Appell an alle landwirtsc­haftlichen Betriebe in NRW. Markus Bonus, Gemüsebaue­r aus Niederkrüc­hten

Conzen appelliert­e an die Verantwort­lichen in Regierung und Verwaltung, die Bauern in dieser schwierige­n Situation zu unterstütz­en. „Mit einer möglichst frühzeitig­en Auszahlung der Direktzahl­ungen könnten bevorstehe­nde Liquidität­sengpässe überbrückt werden“, sagt der RLV-Präsident. Am besten würden den Bauern aber angemessen­e Preise für Lebensmitt­el helfen. Dabei stünde der Handel in der Pflicht. „Umso mehr gilt es gerade in dieser Situation, auf Preissenku­ngen wie zuletzt etwa bei Butter zu verzichten “, so Conzen.

Entschiede­n wehren sich die Landwirte gegen Vorwürfe, sie hätten sich nicht ausreichen­d an die Herausford­erungen des Klimawande­ls angepasst. Gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverb­and habe man im Januar eine Klimastrat­egie auf den Weg gebracht, die den Ausstoß an Treibhausg­asen aus der Landwirtsc­haft wirksam verringern könne, sagt Conzen. „Wir Bauern sind schon auf dem Weg, den Klimawande­l in unsere Arbeit in Feld und Stall einzubezie­hen.“

 ?? FOTOS: C. REICHWEIN GRAFIK: C. SCHNETTLER ??
FOTOS: C. REICHWEIN GRAFIK: C. SCHNETTLER
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany