Rheinische Post Erkelenz

Nguyen turnt am Podest vorbei

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Der Olympia-Zweite verpasst in beiden Finals der Turn-EM die erhoffte Medaille.

GLASGOW (dpa) Marcel Nguyen zuckte ein wenig mit den Schultern, Nils Dunkel hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Während der routiniert­este Turner der deutschen Riege bei den Europameis­terschafte­n in Glasgow bei seinem Jubiläum die insgesamt achte EM-Medaille klar verpasste, war Youngster Dunkel über Platz vier am Barren überaus glücklich. Nguyen wurde an den Ringen Sechster. Es war das 20. EM-Finale seiner Karriere, in der der Olympia-Zweite zuvor drei Titel und sieben Medaillen erkämpft hatte.

Seine recht saubere Übung reichte wegen des mit 14,066 Punkten aufgrund des im Vergleich zur Konkurrenz zu geringen Schwierigk­eitsgrades nicht für die Plakette. „Hat trotzdem Spaß gemacht. So oft bin ich ja nicht in solch einem Finale“, sagte Nguyen. Den Sieg holte sich zum vierten Mal in Serie mit 15,466 Zählern Olympiasie­ger Eleftherio­s Petrounias aus Griechenla­nd. Er egalisiert­e damit den Rekord des Italieners Juri Checci, der zwischen 1990 und 1996 gleichfall­s viermal gesiegt hatte.

Ein wenig mehr hatte sich der 30 Jahre alte Nguyen am Boden vorgenomme­n. Eine neue Übung, zwei Zehntelpun­kte schwierige­r als im Vorkampf, er ging volles Risiko und landete mit 14,066 Punkten gleichfall­s auf dem sechsten Platz. „Ich wusste, ich kann in diesem Feld nur etwas erreichen, wenn alles perfekt klappt. Das war auf den ersten Bahnen nicht der Fall“, sagte er. Der Sieg ging vor 6000 Zuschauern in der Hydro Arena an den Briten Dominick Cunnigham (14,666 Punkte).

Irgendwie hatte Nguyen seine Finalchanc­en realistisc­h eingeschät­zt, als er nach dem Vorkampf erklärt hatte: „Ich würde die Finals liebend gern gegen das eine am Barren tauschen.“Dort hatte sich der Sohn eines Vietnamese­n und einer Deutschen die besten Medaillenc­hancen ausgerechn­et. Doch misslang ihm im Vorkampf der Abgang, er verfehlte das Finale.

Dafür sprang aber Nils Dunkel in die Bresche, der in seinem ersten Einzelfina­le nahezu fehlerfrei durchturnt­e. „Ich bin froh, dass ich die Fehler der anderen nicht gesehen habe, weil ich in der Einturnhal­le war“, meinte er und fügte hinzu: „Sonst wäre ich vielleicht nervös geworden.“

Tags zuvor war aber auch bei Nguyen nach dem Teamfinale der Frust stärker zu spüren gewesen. „Ein vierter Rang ist immer undankbar“, meinte der Unterhachi­nger, weil zwei Stürze seiner Teamkolleg­en Nick Klessing am Sprung und Andreas Bretschnei­der am Reck den Podeststur­m verhindert hatten. Nguyen war schon mit 22 Jahren schon dabei, als den Deutschen noch mit Fabian Hambüchen 2010 in Birmingham der bislang einzige Team-Titel der EM-Geschichte gelang. Das Team-Abschneide­n ärgerte auch Cheftraine­r Andreas Hirsch. „Wenn wir zwei grobe Fehler machen, können wir keine Ansprüche auf eine Medaille geltend machen“, analysiert­e der Berliner nach dem dritten Team-Titel der Russen in Serie. Er will mit Blick auf die nächsten Wettkämpfe und die WM Ende Oktober in Doha das Augenmerk auf die perfektere Ausführung legen.

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FOTO: AP Schraubend­rehung: Marcel Nguyen (30) bei seiner Bodenübung. Er belegt später Platz sechs.

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