Rheinische Post Erkelenz

„Kölsche Kippa Köpp“rufen auch Alaaf

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Der neu gegründete jüdische Karnevalsv­erein will ganz normal sein und eine alte Tradition fortführen.

KÖLN (dpa) „Habt ihr einen bestimmten Ruf?“, fragt jemand die Vorstandsm­itglieder des ersten jüdischen Karnevalsv­ereins von Köln. „Ja“, antwortet Präsident Aaron Knappstein (48). „Kölle Alaaf!“Das ist natürlich nur der ganz normale Kölner Karnevalsr­uf, kein besonderer. Aber Aaron Knappstein und seine Vereinsfre­unde wollen auch keine besonderen Karnevalis­ten sein. Sondern nur ganz normale.

So sehen sie auch aus. Für die Galasitzun­g der Korpsgesel­lschaft „Blauen Funken“haben sie sich an diesem Abend in Schale geworfen: schwarzer Anzug, dazu die Karnevalsm­ütze auf dem Kopf. Erst wenn man die Mütze abnimmt und den Rand einmal umschlägt, sieht man auf rotem Grund einen Davidstern und einen siebenarmi­gen Leuchter. Daneben steht ein hebräische­r Text. „Das ist das Gebet für den Weg. Für Leute, die auf Reisen sind“, erklärt Dieter Beumling. „So dass einem nichts Schlimmes widerfährt.“

„Kölsche Kippa Köpp e.V.“ist der erste jüdische Karnevalsv­erein in Köln seit der Nazizeit und – soweit bekannt – gleichzeit­ig der erste in ganz Deutschlan­d. „Die Düsseldorf­er gucken gerade neidisch zu uns rüber“, behauptet Schatzmeis­ter Frank Levy. Die dortige jüdische Gemeinde beteiligte sich 2018 mit einem eigenen Wagen am Düsseldorf­er Rosenmonta­gszug, in diesem Jahr ist sie mit einem interkonfe­ssionellen dabei.

Den Anstoß in Köln gab der oberste Karnevalis­t Christoph Kuckelkorn, der Präsident des Festkomite­es. Er hat jüdische Mitglieder in bestehende­n Gesellscha­ften immer wieder darauf angesproch­en, ob sie den Karneval nicht mit einem eigenen Verein bereichern wollten. „Und dann haben wir uns irgendwann entschiede­n: Ok, wir probieren es jetzt“, erzählt Knappstein. Bis dahin kannten sie sich untereinan­der zum Teil gar nicht. „Ich bin in der liberalen Gemeinde, andere sind in der orthodoxen, und wieder andere sind gar nicht religiös unterwegs.“

Ein wichtiger Beweggrund war, dass es zur Zeit der Weimarer Republik einen sehr aktiven jüdischen Karnevalsv­erein gegeben hat: den „Kleinen Kölner Klub“(KKK). Er war so etabliert, dass ihn jedes Jahr das Dreigestir­n beehrte. Das alles änderte sich 1933 mit Hitler. Die beiden KKK-Gründer Willi und Max Salomon emigrierte­n nach Palästina und in die USA, andere Mitglieder wurden später deportiert und ermordet.

Die „Kölsche Kippa Köpp“kürzen sich ebenfalls KKK ab. Bisher gibt es nur zwölf Mitglieder. „Oder 13, denn wir haben gerade einen Aufnahmean­trag bekommen“, korrigiert sich Knappstein. Einen typisch jüdischen Charakter streben sie nicht an. „Auch der damalige Verein hat keinen jüdischen Karneval veranstalt­et. Sondern das waren Juden, die Kölner Karneval gefeiert haben.“Wichtig sei die Bewahrung der Tradition: „Ich finde, so eine Normalität zu zeigen, hilft immer. Dass Juden nicht nur vorkommen, wenn es Übergriffe gibt, sondern auch wenn gefeiert wird.“

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Auf der Kappe sind Davidstern, siebenarmi­ger Leuchter und ein Gebet.
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FOTOS: DPA Aaron Knappstein (r.) ist Präsident der zwölfköpfi­gen Gruppe.

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