Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Merkel antwortet gut – nur auf eine Frage nicht

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Die Kanzlerin hat in der Corona-Pandemie dazugelern­t: Angela Merkel hat ein gutes Gespür dafür entwickelt, wann es nötig ist, sich in die Öffentlich­keit zu begeben und ihre Politik zu erklären. Das war in den zurücklieg­enden Krisen nicht immer so – besonders in der Flüchtling­skrise ließ Merkel diese Sensibilit­ät vermissen. Doch nach dem jüngsten Bund-Länder-Treffen, der Verlängeru­ng des Lockdowns und dem harschen Streit über die Schulschli­eßungen erschien es der Regierungs­chefin nötig, ihre Motive ausführlic­her darzustell­en. Sie merkte, dass ihr die Deutungsho­heit aus der Hand genommen werden könnte.

Der Auftritt vor der Bundespres­sekonferen­z verschafft der Bundeskanz­lerin wieder etwas Luft. Geduldig und detaillier­t erklärt sie den Balanceakt zwischen aktuell sinkenden Infektions­zahlen und der Angst vor dem mutierten Virus. Oft mit dem Verweis auf die Wissenscha­ft, dennoch in einfachen Worten. Gewohnt nüchtern beschreibt die Regierungs­chefin, was sie in der „Jahrhunder­tkatastrop­he“politisch antreibt. Es ist ein selbstbewu­sster, teils optimistis­cher Auftritt, der im Gegensatz zu ihrem emotionale­n Verhandeln in der Ministerpr­äsidentenk­onferenz steht.

Eine Frage jedoch beantworte­t Angela Merkel unzureiche­nd: Sie sehe in der Frage der schleppend­en Impfstoffb­eschaffung keine Fehler bei sich oder der Bundesregi­erung. Kanzlerin und Gesundheit­sminister setzen bei dem Thema auf das Prinzip Hoffnung – die Hoffnung, dass die Beschaffun­gsfragen spätestens im Sommer vergessen sein werden. Die Kanzlerin sagt, dass bis zum Ende des Sommers allen Bürgern ein Impfangebo­t gemacht werden könne, und nennt ausdrückli­ch den 21. September. Es ist ein Verspreche­n, für das sie sich bei der Bundestags­wahl jedenfalls nicht mehr verantwort­en muss.

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