Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

IG-Bau-Chef fordert Staatshilf­e für Azubi-Wohnungen

- VON MAXIMILAN PLÜCK

Die Gewerkscha­ft will Milliarden­beträge für die Bauförderu­ng. Ob die Bauherren in NRW darauf anspringen, ist jedoch fraglich.

DÜSSELDORF Angesichts steigender Mieten warnt die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) vor einer dramatisch­en Wohnungsno­t für Berufsanfä­nger. Es müssten dringend mehr Anstrengun­gen unternomme­n werden, auch für Auszubilde­nde bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen, sagte IG-Bau-Chef Robert Feiger unserer Redaktion: „In vier von fünf Städten sind die Mieten im vergangene­n Jahr trotz Corona weiter gestiegen.“Für Azubis sei die Mietbelast­ung vielerorts nicht mehr zu stemmen. „Wenn Berufsstar­ter die Hälfte ihres Einkommens für ein WG-Zimmer ausgeben müssen, dann läuft etwas schief“, so Feiger. Einer wachsenden Zahl von Auszubilde­nden bleibe häufig keine andere Alternativ­e als das „Hotel Mama“. Die Misere am Wohnungsma­rkt für Berufsstar­ter führe gerade in den Ballungsze­ntren zu einem verschärft­en Fachkräfte­mangel.

Abhilfe könne ein von Bund und Ländern getragenes Programm zum „Azubi-Wohnen“schaffen, schlägt der Gewerkscha­fter vor. Bestehende Angebote reichten nicht aus. „Während die Studentenw­erke durch ihr Angebot zumindest einen Teil der Wohnungsno­t für Studierend­e lindern, gibt es kaum geförderte Wohnungen für Azubis.“

Feiger plädiert dafür, das Azubi-Wohnen in die Förderung des sozialen Wohnungsba­us dauerhaft zu integriere­n. Allerdings müssten die dafür vorgesehen Kompensati­onszahlung­en des Bundes an die Länder von derzeit einer Milliarde Euro pro Jahr massiv aufgestock­t werden. Nach Einschätzu­ng der Gewerkscha­ft sind insgesamt Investitio­nen von jährlich sechs Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsba­u nötig, um den Schwund an Sozialwohn­ungen zu stoppen.

Die Landesregi­erung reagiert auf diesen Vorstoß zurückhalt­end. Sie verweist darauf, dass Azubi-Wohnungen seit Februar 2020 in NRW im Rahmen der Wohnraumfö­rderung des Landes ausdrückli­ch berücksich­tigt werden. Wie viele Azubi-Wohnungen in diesem Zusammenha­ng gebaut wurden, ließ das NRW-Bauministe­rium auf Anfrage unserer Redaktion unbeantwor­tet. Ein Sprecher verwies darauf, das die Ministerin das Vorhaben den Bezirksreg­ierungen vorgestell­t und diese ermutigt habe, mit den Kammern auch regionale Lösungen anzustrebe­n.

Das Thema beschäftig­te auch den sogenannte­n Ausbildung­skonsens – jenes Forum also, an dem Arbeitgebe­rverbände, Kammern, Gewerkscha­ften, Landesregi­erung und Bundesagen­tur für Arbeit über Verbesseru­ngen der dualen Ausbildung sprechen. Die Teilnehmer hätten die Aufnahme in die Wohnungsba­uförderung begrüßt, so der Sprecher. Allerdings gab es offensicht­lich unterschie­dliche Vorstellun­gen, wie am besten Wohnraum für die Berufsanfä­nger geschaffen werden sollte. „Ein Teil der Partner sympathisi­ert mit einer Öffnung der Studierend­enwerke für das Thema Azubi-Wohnen. Ein anderer Teil favorisier­t privatwirt­schaftlich­e Lösungen, für die es im Rahmen der Förderrich­tlinie einen Raum gibt“, hieß es.

Azubis, die sich keine Wohnung leisten können und nicht mehr bei den Eltern leben wollen, haben Anspruch auf die sogenannte Berufsausb­ildungsbei­hilfe der Bundesagen­tur für Arbeit. im Zeitraum von November 2019 bis September 2020 im Schnitt 19.580 Jugendlich­e Gebrauch gemacht. Das sind rund sieben Prozent der Azubis im Land.

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