Kerber verliert Auftaktspiel bei den French Open
Die Weltranglisten-Erste scheitert an Jekaterina Makarowa. Die Kielerin weiß, dass sie etwas ändern muss.
PARIS (sid) Angelique Kerber saß anderthalb Stunden nach ihrer bislang bittersten Saisonpleite geknickt vor der Weltpresse. Nach dem Erstrunden-K.o. bei den French Open in Paris wirkte die formschwache Nummer eins der Tenniswelt zwar niedergeschlagen - aber angesichts des neuen Tiefpunkts auch zum Handeln entschlossen. „Ich stecke im Tief, und irgendetwas wird sich ändern müssen. Die Situation ist schwierig und der Weg schmerzhaft. Ich werde jetzt überlegen, was ich mache“, kündigte Kerber nach dem deprimierenden 2:6, 2:6 gegen Jekaterina Makarowa (Russland) an.
Die Hoffnung, den Teufelskreis aus Misserfolgen und fehlendem Selbstvertrauen zu durchbrechen, erfüllte sich auch in Paris nicht. Im Gegenteil: Die Art und Weise der Niederlage gegen Makarowa, Nummer 60 der Weltrangliste, war ein weiterer Tiefschlag für die zweimali- ge Grand-Slam-Siegerin von 2016. Dass danach in der Kabine Tränen geflossen waren, sah man ihren roten Augen an. Gut möglich, dass Kerber dem Rat von Boris Becker folgen wird und Steffi Graf um Hilfe bittet.
Dass etwas passieren muss, weiß auch Kerber, die mit ihrer Rolle als Branchenführerin Probleme hat. „Die Erwartungen von außen und auch von mir selbst sind in diesem Jahr ganz anders. Ich weiß eben, was ich kann und was ich letztes Jahr gezeigt habe“, sagte die Linkshänderin. Sie müsse versuchen, mit dem Druck klarzukommen. Die Kielerin machte keinen Hehl daraus, dass es bei ihr eine Kombination von mentalen und spielerischen Defiziten gibt. Die Pleite von Paris war nur die logische Konsequenz ihrer Sandplatz-Auftritte 2017. „Ich liebe das Tennisspielen und muss jetzt Lösungen finden“, betonte sie.
In der Geschichte des Profitennis hatte nie zuvor die Topgesetzte die zweite Runde von Roland Garros verpasst. Doch Kerber zeigte sich gegen Makarowa erneut schwach und bestätigte die Eindrücke der vergangenen Wochen. „So kann es nicht weitergehen, das weiß sie am besten“, sagte Eurosport-Experte Becker. Nur zwei von 16 Breakchancen nutzte Kerber, sechs Mal gab sie ihren Aufschlag ab. Im Linkshänderinnen-Duell mit der AustralianOpen-Halbfinalistin von 2015 wehrte sich Kerber zwar nach Kräften, doch wie so oft agierte sie zu passiv und wirkte frustriert. Nur fünf direkte Gewinnschläge gelangen ihr im ersten Satz – von ihrer Galaform 2016 war sie erneut weit entfernt.
Die (Werbe-)Termine abseits der Courts sollen nicht für ihre Krise verantwortlich sein, die zum Verlust von Platz eins in der Weltrangliste nach den French Open führen könnte. In Absprache mit ihrem Manager Aljoscha Thron hat sie diese seit Februar auf ein Minimum reduziert. Allerdings scheinen Kerber auch Motivationsproblemen zu plagen. „Es ist normal, dass nach großen Erfolgen die Spannung nachlässt und man dann schwächelt“, sagte der Weltranglisten-Erste Andy Murray, der zur Zeit Ähnliches durchmacht wie Kerber.