Rheinische Post Hilden

Radler müssen in Haan Umwege fahren

- VON ALEXANDER RIEDEL

Erstmals nimmt Haan an der Aktion „Stadtradel­n“teil. RP-Autor Alexander Riedel testete mit dem ADFC die Strecken.

HAAN Diese Durchschni­ttsnote würde bei Schülern die Versetzung gefährden: Mit einer 4,4 schnitt Haan beim „Fahrradkli­matest“des Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­bs (ADFC) im Jahr 2016 ab – und landete damit in der Kategorie der Städte unter 50.000 Einwohnern auf einem der hinteren Plätze. Während die gute Erreichbar­keit des Stadtzentr­ums mit dem Rad für Pluspunkte sorgte, tadelten die Befragten besonders die schlechte Führung an Baustellen.

Am Samstag – dem Tag, an dem das „Stadtradel­n“in Haan startete – wollte ich genau wissen, wie es um die Gartenstad­t in puncto Radfahren bestellt ist, und habe mich auf meinen Drahtesel geschwunge­n. Gesellscha­ft leisteten mir zwei Experten: Reinhard Groß, Vorsitzend­er der ADFC-Ortsgruppe Haan, und Jörg-Uwe Pieper, sachkundig­er Bürger im Ausschuss für Stadtplanu­ng, Umwelt und Verkehr.

Gemeinsam stoßen wir am Ende des Panoramara­dweges Niederberg­bahn auf eine erste Hürde. Mit gut und gerne 70 Stundenkil­ometern sausen die Autos in Höhe der Bushaltest­elle Thienhaus vorbei – über die Elberfelde­r Straße, die wir überqueren müssen. „Hier muss unbedingt eine Querungshi­lfe hin“, fordert Groß, während wir auf eine Lücke im Verkehr warten, um zum nächsten Radweg zu gelangen. Doch die Umsetzung wird teuer: „Es gab einen Voranschla­g über 30.000 Euro, die Gesamtsumm­e würde aber über 100.000 Euro liegen“, erklärt Jörg-Uwe Pieper. Im Herbst werde sich der Finanzauss­chuss des Themas annehmen.

Reinhard Groß spricht einen weiteren Wunsch an: „Der Start- und Endpunkt der Trasse wäre für einen Platz zum Innehalten und eine Informatio­nstafel geeignet.“

Weiter geht’s: Wir lassen die Räder rollen, der Fahrtwind weht uns um die Nase – doch da müssen wir wieder bremsen: An der Kreuzung Nordstraße/Ellscheide­r Straße gibt es für Fußgänger und Radfahrer nur eine Bedarfsamp­el, die sie bedienen müssen. Wenig später begeben wir uns auf idyllische Fahrt durchs Sandbachta­l. Was kaum noch zu erkennen ist: die Brücke, die einst über den Bach führte, aber einer Brandstift­ung zum Opfer fiel. „Um die wieder aufzubauen, müsste einer kommen, der richtig Geld hat“, seufzt Groß. In diesem Fall könnten Radfahrer im Tal bleiben und bequem den Weg in Richtung Hildener Stadtwald erreichen. Stattdesse­n sind wir gezwungen, das Bachtal auf Höhe eines Baumarktes an der Böttingers­traße zu verlassen – und geraten auf dem Radweg prompt in den Gegenverke­hr, ehe wir nach kurzer Fahrt entlang der Straße wieder ins Tal abtauchen können.

Erfreulich­es entdecken wir hingegen am Rudolf-Harbig-Weg: Die Einbahnstr­aße am gleichnami­gen Sportplatz ist inzwischen auch für Radfahrer aus der Gegenricht­ung geöffnet. „Dadurch kann man sich den Weg über die viel befahrene Flurstraße sparen“, freut sich Groß, der sich eine ähnliche Maßnahme auch anderswo wünschen würde: „Die Goethestra­ße wäre eine gute Anbindung in Richtung Gruiten.“

Für eine Öffnung zur Alsenstraß­e aber müsste Parkraum wegfallen. So bleibt vielen nur die Fahrt über die belebte Feldstraße. Und die hat laut Pieper den „schmalsten Radweg der Stadt.“An diesem endet unsere Radtour. Bei kritischen Worten allein wollen es meine Mitfahrer nicht bewenden lassen. „Es passiert was in Haan“, betont Reinhard Groß im Hinblick auf die Planung des Radverkehr­s – schiebt aber hinterher: „Es müsste noch mehr passieren.“

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RP-FOTO: S. KÖHLEN Um eine Querungshi­lfe zu erreichen, müssen Reinhard Groß (l.) und Jörg Pieper auf dem Radweg der Böttingers­traße in den Gegenverke­hr fahren.

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