Rheinische Post Hilden

EKD diskutiert Probemitgl­iedschaft

- VON FRANZISKA HEIN

Die evangelisc­he Kirche sucht in Bonn nach Wegen, attraktive­r zu werden.

BONN Mehr „Umsonst und draußen“-Veranstalt­ungen, kürzere und profession­eller gestaltete Gottesdien­ste, mehr Jugendarbe­it in der Schule und in der Freizeit, außerdem zu bestimmten Anlässen Kooperatio­nen mit Museen, Theatern und anderen kulturelle­n Institutio­nen, weniger kirchliche Institutio­n, mehr Bewegung: Diese Lehren zieht die Synode der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD) bislang aus dem zurücklieg­enden Reformatio­nsjubiläum. Noch bis morgen diskutiere­n in Bonn rund 120 evangelisc­he Kirchenver­treter aus ganz Deutschlan­d über die Frage, wie sie ihre Kirche über 2017 hinaus in einer zunehmend säkularen Gesellscha­ft gestalten wollen.

Die Kirche soll emotionale­r, jünger und flexibler werden – und unverbindl­icher. Zur neuen Flexibilit­ät passt der (wiederkehr­ende) Vorschlag, die Kirchenmit­gliedschaf­t aufzulocke­rn. Klaus Eberl, der Vizepräses der Synode, sprach gestern am Rande von einer gestuften Mitgliedsc­haft ähnlich einer Probemitgl­iedschaft oder einer Mitgliedsc­haft „light“. Allerdings müsse man gleichzeit­ig über die Kirchenste­uer sprechen und damit über die Finanzieru­ng der kirchliche­n Arbeit, fügte Eberl hinzu.

Das Präsidium der Synode hatte vorher ein Zukunftspa­pier erarbeitet. Darin stehen mehr als 20 Fragen, unter anderem auch zu neuen Gemeindefo­rmen und kirchliche­n

Detlef Pollack Orten und dazu, wie man mehr Menschen aus unterschie­dlichen Milieus erreicht. Manch ein Synodaler lobte lieber das gelungene Reformatio­nsjubiläum oder sprach über geschlecht­ergerechte Sprache im Papier als über die Inhalte.

Dafür hatte die Synode externe Redner eingeladen – unter anderem den Münsterane­r Religionss­oziologen Detlef Pollack. Der machte eines klar: „Die Kirche ist schon lange nicht mehr Herrin ihres Schicksals.“Sie habe keinen Einfluss auf die säkularen Prozesse in der Gesellscha­ft. Der EKD-Ratsvorsit­zende Heinrich Bedford-Strohm brachte es am Rande der Tagung deutlich auf den Punkt: „Das Reformatio­nsjubiläum kann einen gesellscha­ftlichen Megatrend nicht umkehren.“

Auch wenn auf der Synode an vielen Stellen Euphorie über das Jubiläumsf­est herrscht – über die Bilanz in Zahlen wurde auch kritisch diskutiert. 6,5 Millionen Euro mehr muss die EKD nachträgli­ch dem Verein „Reformatio­nsjubiläum 2017“zuschießen. Der Verein hatte etwa die Weltausste­llung konzipiert, die mit 294.000 Besuchern hinter den Erwartunge­n zurückgebl­ieben war. 30 Millionen Euro hatte die EKD bereits investiert. Als Gründe für die Kostenstei­gerung um bis zu ein Drittel nannte Ratsmitgli­ed Andreas Barner schärfere Sicherheit­svorkehrun­gen sowie ausgeblieb­ene Einnahmen und Sponsoreng­elder wegen der geringeren Besucherza­hlen.

Für 2018 kalkuliert die EKD mit Kosten von zwei Millionen Euro für die Abwicklung des Jubiläums. Zusätzlich steht eine Reserve von 3,5 Millionen Euro im Haushalt der EKD. Barner nannte die Kosten eine „bewusste Investitio­n in die Sichtbarma­chung der Kirche“.

„Die Kirche ist schon lange nicht mehr Herrin

ihres Schicksals“

Religionss­oziologe

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