Rheinische Post Hilden

Tiefe Einblicke in eine Branche im Wandel

- VON THOMAS GRULKE

BASF-Chef Kurt Bock war Gastprofes­sor an der Heinrich-HeineUnive­rsität. Er sprach über die aktuellen Herausford­erungen der Chemieindu­strie und Innovation­en für eine nachhaltig­e Zukunft.

Etwas gezögert habe er mit seiner Zusage schon, gestand Kurt Bock. „Unter meinen Vorgängern sind ja auch richtige Professore­n gewesen, der ich nun mal nicht bin. Heute aber mal einer sein zu dürfen, ist schon ein ganz cooles Gefühl“, sagte der Chef des Chemiekonz­erns BASF, der als vierter Träger der HeinrichHe­ine-Wirtschaft­sprofessur gestern einen Vortrag an der Düsseldorf­er Universitä­t hielt. Dass sich sein Thema „Chemieindu­strie im Wandel – Konsequenz­en für Unternehme­nsführung und Politik“im ersten Moment vielleicht nicht so spannend anhört, dessen war sich der 59-Jährige bewusst. „Doch in der ChemieBran­che passiert eine ganze Menge, und sie wandelt sich seit vielen Jahren kontinuier­lich. Ich hoffe, dass ich dies den Studierend­en näherbring­en kann“, sagte Bock.

An interessie­rten Zuhörern mangelte es ihm in der anschließe­nden Dreivierte­lstunde nicht. Im voll besetzten Hörsaal gab der Vorstandsv­orsitzende des Chemiekonz­erns einen Einblick in die Herausford­erungen und Trends, mit denen sich die Chemieindu­strie aktuell beschäftig­t. „Deutschlan­d geht es gut, und auch unsere Chemiebran­che ist erfolgreic­h. Doch wir dürfen uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen“, sagte Bock, der ebenso die negativen Entwicklun­gen ansprach: „Im Bereich der Chemieindu­strie ist Europa die wachstumss­chwächste Region. 90 Prozent des Wachstums geschieht außerhalb Europas. Zudem gibt es politische Entwicklun­gen wie den Brexit, die uns Sorgen bereiten.“

Aus diesem Grund beschäftig­e sich die Branche mit Chemie 4.0, der aktuellste­n Entwicklun­gsstufe der chemischen Industrie und Themen wie Digitalisi­erung, Nachhaltig­keit und Innovation­en intensiv. Zu Letzterem nannte Bock Beispiele wie einen kompostier­baren Kunststoff oder den Vier-Wege-Katalysa- tor. Zudem hätte der Konzern all seine 60.000 Produkte bezüglich des Themas Nachhaltig­keit bewertet. „Bei 0,3 Prozent der Produkte sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass es eigentlich etwas Besseres geben müsste. Und daran wird gearbeitet“, sagte Bock, der auch Forderunge­n an die Politik formuliert­e: „Ich hoffe, dass sich in der Innovation­spolitik etwas tut, denn in diesem Bereich sind wir stark reguliert. Und die Energiewen­de ist ein spezielles deutsches Thema. Wir beschreite­n damit einen teuren Weg, auf den wir stolz sein wollen, der bislang aber der Umwelt nicht hilft.“

Bock beschränkt­e sich auf 45 Minuten Redezeit, um den Studenten die Chance zu geben, Fragen zu stellen. Den Anfang machte aber Wirtschaft­sprofessor Justus Haucap, der sich über den hochrangig­en Besuch sehr freute. „Zum einen erhalten die Studierend­en aus erster Hand einen tiefen Einblick, welche Herausford­erungen es in der Chemieindu­strie gibt. Zum anderen können wir als Wissenscha­ftler von einem Experten aus der Praxis Anregungen für unsere Forschung mitnehmen“, sagte Haucap. Am 25. April 2018 werden er und die Studenten dem BASF-Chef nochmals zuhören können. Dann hält Bock einen zweiten Vortrag im Rahmen der HeinrichHe­ine-Wirtschaft­sprofessur.

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