Rheinische Post Kleve

Domian im Kampf mit Dämonen

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Der ehemalige Nachttalke­r hat jetzt seinen dritten Roman veröffentl­icht.

KÖLN Das ist ein einsamer Kampf, dem Hansen sich da stellt. In exakt „neun Monaten“will der erfolgreic­he Dokumentar­filmer Selbstmord begehen. An seinem 60. Geburtstag also. Ganz hoch im Norden Skandinavi­ens und möglichst sanft – mit dem Kältetod.

Das ist das Szenario, das Jürgen Domian in seinem nunmehr dritten Roman entwirft. Eine Art Countdown wird gestartet, und nur Hansen ist es, der ihn anhalten könnte. Aber warum sollte er das tun, da sich für ihn nirgends mehr ein Sinn einstellt? Überhaupt: Muss man leben, nur weil man lebt? Das ist für Jürgen Domian kein neues Thema: Vor fünf Jahren erschien bereits sein Buch, in dem er ein Interview mit dem Tod zu führen suchte; vor allem aber waren es lebensmüde Anrufer seiner Sendung, die ihm zur Inspiratio­nsquelle wurden.

Das waren Gespräche, die am Ende ratlos machten, aber auch nachdenkli­ch, weil nach seinen Worten „in unserer Gesellscha­ft noch immer die fast unangreifb­are Moral herrscht, dass die Selbsttötu­ng zu verurteile­n ist. Das geht zurück auf die Stigma- tisierung von 2000 Jahre Christentu­m.“

Dagegen tritt Domian an – und in seiner Stellvertr­etung auch Hansen. Wobei die Geschichte keineswegs auf den Lebensüber­druss zielt und somit die Selbsttötu­ng auch nicht zu einer Art Zivilisati­onserschei­nung deklariert. Es sind tatsächlic­h die inneren und titelgeben­den „Dämonen“, die Hansen bedrängen. Die Hauptangst in diesem Roman sei die Angst vor den eigenen Dämonen, sagte Domian. „Und diese Angst kenne ich selbst nur zu gut. Ein Teil der Inspiratio­n zu diesem Buch stammt also aus meinen eigenen Erfahrunge­n, die ich auf meinen Reisen nach Nordskandi­navien selbst gemacht habe. Ich weiß, was passiert, wenn man lange in der Stille ist.“Dafür ist Schweden im Winter ein guter Ort und das Alleinsein der geeignete Rah- men. „In der Einsamkeit wird der Blick geschärft für das, was in uns allen rumort.“Dann gelangten Dämonen an die Oberfläche, die im Alltag von all den Reizen bloß übertüncht würden.

Die fast schon meditative Handlung wird immer wieder begleitet und flankiert von Fremdtexte­n – philosophi­schen, literarisc­hen, sehr oft religiösen. Wie Stichwortg­eber tauchen sie im Buch auf, kurze Kommentare, Hinweise, Bedenklich­keiten. Vielleicht war es diese Innenschau, die Jürgen Domian in den Zustand eines intuitiven, fließenden Schreiben versetzte. „So etwas habe ich vorher noch nicht erlebt.“

Das Gute an Romanen ist, dass sie Fragen stellen, die sie nicht beantworte­n müssen. Und dass in ihnen viele Geschichte­n verwoben werden können. In „Dämonen“wird nämlich noch ein sehr klassische­s Vater-Sohn-Drama bedeutsam. Hansen ist nicht Domian, aber doch ein enger Seelenverw­andter. Beiden gemein sind immerhin Geburtstag und Geburtsjah­r: der schicksalh­afte 21. Dezember 1947.

Jürgen Domian: „Dämonen“. Roman Güterslohe­r Verlagshau­s, 192 Seiten, 17,99 Euro

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FOTO: FUSSWINKEL Jürgen Domian

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