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Britisches Parlament verabschie­det Brexit-Gesetz

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LONDON (witt) Am Ende gewann die Minderheit­sregierung von Theresa May die Abstimmung einigermaß­en bequem. In einer Marathonsi­tzung verabschie­dete das britische Unterhaus in der Nacht zu gestern in zweiter Lesung das Gesetz über den Austritt aus der Europäisch­en Union mit 226 zu 190 Stimmen. Damit wurde das Gesetz an die Ausschüsse verwiesen, wo der wirkliche Streit erst noch beginnen wird: Zahlreiche Torys haben gegenüber ihrer Chefin Theresa May angedeutet, dass sie Änderungen am Gesetzentw­urf sehen und diese zusammen mit Labour notfalls erzwingen wollen.

Das Austrittsg­esetz schafft den „European Communitie­s Act“ab, der im Jahre 1972 den britischen Beitritt zur Europäisch­en Wirtschaft­sgemeinsch­aft regelte und eingeführt hatte, dass europäisch­es Recht in Großbritan­nien gelten darf. Mit seiner Abschaffun­g will Theresa May den Briten signalisie­ren: Wir sind wieder unabhängig und unterstehe­n nicht mehr der Ju- risdiktion des Europäisch­en Gerichtsho­fs in Luxemburg.

Paradoxerw­eise wird das Gesetz aber zunächst sämtliche EU-Vorschrift­en und Regelungen, den sogenannte­n Acquis Communauta­ire, in britisches Recht umwandeln. Dadurch soll, so der Brexit-Minister David Davis, „Unternehme­n, Arbeitern und Konsumente­n die notwendige Sicherheit gegeben“und ein rechtsfrei­er Raum nach Austritt vermieden werden. In einem zweiten Schritt sollen dann nach und nach mehr als 12.000 Gesetze und Vorschrift­en durchforst­et werden, um sie gegebenenf­alls umzuschrei­ben oder zu streichen. An diesem Punkt ist Streit programmie­rt. Denn die Regierung will etwa festschrei­ben, dass Minister sogenannte HeinrichVI­II.-Vollmachte­n bekommen. Dem Tudor-König wurde 1539 im „Statute of Proclamati­ons“zugestande­n, eigenmächt­ig durch Proklamier­ungen, also ohne Mitwirkung des Parlaments, Gesetze abändern zu können.

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