Rheinische Post Krefeld Kempen

„Ich war das Gesicht der Loveparade“

- VON ULRIKE HOFSÄHS

Veranstalt­er Rainer Schaller hat im Prozess den Angehörige­n der Opfer sein Beileid ausgesproc­hen.

DÜSSELDORF (dpa) Rainer Schaller rührt sich nicht, nur die Lider seiner Augen bewegen sich in seinem Gesicht. Die Hände kontrollie­rt übereinand­ergelegt, ein Becher Wasser vor sich, so sitzt der Fitnessket­tenBetreib­er gestern im Prozess um die Duisburger Loveparade-Katastroph­e. Viel will das Landgerich­t vom Veranstalt­er der fatalen Loveparade in Duisburg im Sommer 2010 erfahren. Drei Verhandlun­gstage sind für die Aussage des 49-Jährigen eingeplant. Er ist nur Zeuge im Prozess in Düsseldorf, angeklagt ist er nicht. Gegen ihn ist nie ermittelt worden.

Auf der Anklageban­k sitzen vier ehemalige Mitarbeite­r seiner Gesellscha­ft Lopavent und sechs Mitarbeite­r der Stadt Duisburg. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihnen unter anderem fahrlässig­e Tötung vor. Bei der Loveparade am 24. Juli 2010 in Duisburg waren 21 Menschen ge- storben. Mindestens 652 wurden verletzt.

Noch ehe Schallers Aussage beginnt, bittet der Unternehme­r um das Wort, er zieht einen Zettel hervor. „Ich habe mir ‘was aufgeschri­eben“, sagt er. Und dass er aufgeregt sei. Er spricht den Angehörige­n der Opfer des schrecklic­hen Unglücks, das sich vor bald acht Jahren ereignete, sein herzliches Beileid aus und sagt, er hoffe, dass der Prozess Aufklärung bringe.

Das Gericht nimmt den Zeugen beim Wort. Schaller berichtet von den Anfängen der Technopara­de in Berlin, den schwierige­n Verhandlun­gen, die dem Kauf der Rechte voranginge­n, den Problemen in Berlin und dass dann Städte im Ruhrgebiet als Schauplatz für das Aushängesc­hild der elektronis­chen Szene ins Gespräch kamen. So detailverl­iebt berichtet er, dass der Vorsitzend­e Richter Mario Plein eingreift: „Sie können ruhig ein bisschen raffen.“

Ein ums andere Mal lobt Schaller frühere Mitarbeite­r, von denen vier ein paar Meter weiter auf der Anklageban­k sitzen. Mit der Planung des Technoeven­ts sei er aber kaum befasst gewesen, schildert er. „Ich war bei den Vorgespräc­hen nicht dabei“, sagt Schaller, als es um die Auswahl des Standortes für die Lovepa- rade in Duisburg geht. „Wo soll die Bühne sein?“, habe er sich bei der Besichtigu­ng der Brache gedacht. „Welche Bilder kommen in die Welt?“Er sei vor allem dann eingeschal­tet worden, wenn es zum Beispiel Probleme mit der Finanzieru­ng gegeben habe, sagt er über den Kontakt zu seinem leitenden Mitarbeite­r auf der Anklageban­k. Und fügt hinzu: „Ich war das Gesicht der Loveparade.“

Das Gericht zeigt sich über diese Aussage erstaunt. Frühere Mitarbeite­r hätten ausgesagt, Schaller habe in alle Planungsde­tails eingeweiht werden wollen. Dies weist der Unternehme­r zurück, das sei „nicht richtig“. Und er sei auch nicht die letzte Entscheidu­ngsinstanz gewesen. Wochenlang habe er nach der Katastroph­e mit den Mitarbeite­rn zusammenge­sessen, das Geschehen analysiert. Aber Fehler seien ihm aus dem Team keine benannt worden.

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FOTO: DPA Rainer Schaller sagte gestern im Loveparade-Prozess aus.
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FOTO: BP An diesem Bahnüberga­ng nahe Alpen starb 2017 ein 15-Jähriger.
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FOTO: END Der 18-jährige Marc starb in Düsseldorf bei einem Verkehrsun­fall.

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