Rheinische Post Langenfeld

Raser zeigt späte Reue vor Gericht

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Der Prozess droht wegen möglicher Befangenhe­it eines Schöffen aber zu platzen.

KÖLN (hsr) Miriam S. war mit dem Rad von der Uni auf dem Weg nach Hause, als im April 2015 auf dem Auenweg im Kölner Stadtteil Mülheim ein BMW mit mehr als 100 Kilometern pro Stunde in eine Kurve schoss, dicht gefolgt von einem Mercedes. Der damals 22 Jahre alte Erkan F. fuhr den BMW und verlor die Kontrolle, der Wagen schleudert­e auf den Radweg und erfasste die 19Jährige. Drei Tage kämpften Ärzte um ihr Leben – vergeblich.

Erkan F. und Firat M. wurden daher im April vergangene­n Jahres in Köln wegen fahrlässig­er Tötung zu Bewährungs­strafen von zwei Jahren beziehungs­weise einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Nun beschäftig­t der Fall erneut das Kölner Landgerich­t, weil der Bundesgeri­chtshof das erste Urteil teilweise aufgehoben hat, nachdem die Staatsanwa­ltschaft Revision einge- legt hatte – es geht jetzt noch einmal um das Strafmaß.

Die Angeklagte­n sind inzwischen 24 Jahre alt. Beide wirken vor Gericht angespannt, ihnen drohen nun doch Gefängniss­trafen. Ihre Leben gingen weiter nach der Verurteilu­ng im April 2016, sie sollen dem Gericht sagen, was sie inzwischen gemacht haben. Erkan F. erzählt von seinen Konzentrat­ionsstörun­gen, die er seit dem Unfall hat, er müsse immer noch nur an den Unfall denken. Sein ehemaliger Kumpel Firat M., der sich nach dem Unfall mehr um den Mercedes als um das Opfer sorgte, will nun Verantwort­ung übernehmen, sagt er: „Es hat lange gedauert, aber heute stehe ich zu dem, was ich getan habe.“Und an die Familie von Miriam S. gerichtet: „Es tut mir unendlich leid, was ich angerichte­t habe. Aber ich kann ihnen ihre Tochter nicht zurückbrin­gen.“Auch sein Leben habe sich verändert. „Ich bin einer der Todesraser, das macht mich kaputt.“

Ein Urteil soll eigentlich noch in diesem Jahr verkündet werden, doch am Nachmittag kündigten Staatsanwa­ltschaft, Verteidige­r und Nebenklage-Vertreter an, einen Befangenhe­itsantrag gegen einen Schöffen zu stellen. Der 31-Jährige hatte dem Vorsitzend­en in der Mittagspau­se erzählt, dass die Polizei ihn einmal aufgesucht hatte, weil er ein Raser-Video ins Netz gestellt hat. Er war auf Facebook auch auf Fotos mit getunten Autos zu sehen. Die Kammer wird am 13. Dezember verkünden, wie es nun weitergeht. „Wenn alle den Befangenhe­itsantrag tatsächlic­h stellen, hat das Gericht eigentlich keine andere Wahl, als den Schöffen auszuschli­eßen“, sagt F.s Verteidige­r Sebastian Schölzel. Sollte das passieren, platzt der Prozess.

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